Meyer:
Was wollen die denn bei unsereins noch holen? Wir haben doch nischt mehr.
Schäfer:
Daniel, hätt’st du das gedacht, daß das mal so kommt? Hätt’st du n : cht auch gedacht, wenn unsre den Napoleum unter die Finger kriegen, dann zerbrechen sie ihm alle Knochen im Leibe?
(Totengräber Kluth geht vorüber)
Was sagst du, Vater Kluth, ist das nicht so gewesen, wie ich sage? Ich weiß das noch wie heute. Bei Kaufmann Kerstens war gerade Kindtaufe. Die Post kam ein paar Stunden später aus Berlin, und da kam der Bruder von Kersten seiner Frau mit.
Kluth:
Der auf Doktor studiert?
Schäfer:
Ja, der. Und der hat’s als erster mitgebracht, daß Napoleum Unsere verdreschen hat. Bei Jena und bei Auerstädt. Daniel, hast du das gedacht, daß unser König bis nach Memel würde retirieren?
Meyer:
S ; e sagen ja, bei Teetz da liegen welche von den Preußen, und die wollen nach Kyritz rein.
Schäfer:
Daniel, die wollen wir nun gar nicht sehen. Die wollen sich bloß durchfressen aus unserm Rauchfang und dunsaufen aus unserm Krug. Die sollen man erst die Franzosen wieder über den Rhein treiben.
Kluth:
Unser Magistrat hat die Tore zuschließen lassen. Und die Wachen haben sie verstärkt. 16 Mann stehen nun an jedem Tor. Ich muß auch hin, ans Wusterhausensche.
Schäfer:
Na denn lauf man, daß du hinkommst, Kluthen-Vater. Wo haste denn deine Musket’?
Kluth:
I, die andern haben ja auch keine.
Schäfer:
Daniel, nun frag ich dich, was soll uns das nun nütze sein? Sollen die nun über die Mauer spucken, wenn die Schillianer kommen und sagen: „Nun geht man weiter, wir geben nischt?“
Minchen:
(kommt sehr erregt herbei) Haben Sie’s gehört, Schäfer? Haben Sie gehört? Preußische Husaren kommen! Man suchet schon Quartier für die Braven. Haben Sie Ballerstädt nicht gesehen? Ich muß ihm sagen, daß ich einen ins Quartier nehme.
Meyer:
Da kommt ja Gendarm Ballerstädt.
Minchen:
Mon Dieu, da kömmt er wahrhaftig. Ballerstädt, Sie suchen gewißlich Quartier für die Husaren. Ich wünsche einen Offizier, einen ganz hohen Offizier, bitt ich mir aus, einen . . . Korporal!
Ballerstädt:
Mademoiselle, das Pläsier kann ich Ihnen nicht machen. Die Tore sind zu und bleiben zu, und die draußen sind, die bleiben auch draußen.
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