Körper zusammenhängt. So schmückte man die Körper mit oft sehr kostbaren Gewändern und gab ihnen hochwertigen und uns heute noch in den Museen Erstaunen abnötigenden Schmuck mit. Ja, zuweilen tragen diese Mumien Schriften bei sich, zum Teil auf die einhüllenden Binden geschrieben, aus denen hervorgeht, wer sie sind und welche Umstände zu ihren Lebzeiten herrschten. Die weltberühmt gewordenen Veröffentlichungen der Wissenschaftler H. Brugsch, Pettigrew, Budge und Virchow in den Jahren zwischen 1880/95 brachten Licht in die alten Überlieferungen und schufen ein außerordentlich plastisches und vor allem beweisbares kulturgeschichtliches Bild des alten Ägypten und seiner kulturell hörigen Randgebiete.
Es ist hier kaum der Ort, weitläufige Beschreibungen der vielartigen Verfahren zu geben, mit denen man die künstlichen Mumien schuf; allen gemeinsam ist die Entfernung der leicht verweslichen Eingeweide- und Hirnteile und ihr Ersatz durch textile Stoffe, die man mit allen möglichen Harzen, Oelen und Salben tränkte, und im „Papyrus Rhind“, den Brugsch und Birch übersetzten, werden die einzelnen Zeremonien, die bei der Einbalsamierung der Leichen notwendig waren, ausführlich beschrieben und auch die Stoffe genau genannt, so daß praktisch mit den außerdem wesentlich fortgeschrittenen Mitteln unserer heutigen Konservierungschemie solche Mumien durchaus hergestellt werden könnten, wenn unsere Zeit dafür noch Verwendung hätte! Und wer seinen Karl May noch in Erinnerung hat, der weiß ja von dem „Skalp“, den die Indianer als Siegestrophäe mit sich trugen und der eine Mumie der Kopfhaut des getöteten Gegners darstellte. Aber um diese vor der Verwesung bewahrten Menschen- und Tierkörper (Ibis, Geyer, Ichneumon, Schlangen usw.) spann seit Menschengedenken auch der Aberglaube seine wunderlichsten Blüten und machte den Handel mit ihnen und ihren Teilen zu einem sehr einträglichen Geschäft! Goethe weiß in seinem „Wilhelm Meister“ davon zu erzählen, daß noch in seinen Tagen Teile von ägyptischen Mumien als heilsame Arznei verkauft wurden, denn schon Paracelsus hatte in sein Heilsystem die Mumien einbezogen, und der gesamte Hexenwahn spielte mit den Mumien von Gehenkten eine üble, ganz auf die Dummheit der „Patienten“ eingestellte Rolle. Selbst die morschen Leinenbinden — zuweilen brauchte man bei vornehmen Mumien Hunderte von Metern — wurden stückweis als Medizin angeboten, und wenn ein Handbuch der Pharmazie, das 1944 erschien, als Kuriosum zu berichten weiß, daß der Handel mit solchen Mumienmitteln noch gegenwärtig hier und da betrieben wird, so mag dies ein Beweis mehr dafür sein, daß sich für den unsinnigen Aberglauben auch heute noch Dumme finden.
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