Heft 
(1956) 7
Seite
211
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der Hüter der Ordnung wählte gern die Straßenlaternen als Standort, von dem aus er dann für denVater Staat die Ordnungsgebühren ein­kassierte.

In den Haushaltungen war damals die Gaslampe ebenfalls das gebräuch­lichste Beleuchtungsmittel. Im Gegensatz zur Straßenlaterne waren die Anlagen für jeden einzelnen Haushalt mit einer Gasuhr versehen. Diese war häufig die Ursache für erhitzte Köpfe, denn brennen konnte man nur, wenn man gleich bezahlte. So mußte man stets einen Groschen zur Hand haben und in die Gasuhr stecken. Nach abgemessener Zeit wurde dann das Gas gespendet. Hatte man nun aber immer einen Groschen? So manches Mal kam es vor, daß der Groschenallegebrannt" war, das Essen stand noch auf dem Kocher, und viele hungrige Mäuler warteten ungeduldig. Die Stimmung war in solchen Momenten keinesfalls rosig, mancher leise und laute Fluch wurde ausgestoßen.

Mitunter wiesen die Geldstücke auch unterschiedliches Gewicht auf, dann mußte erst auf der Nachbarschaft diepassende Münze" eingetauscht werden. Bereitete' so das Kochen oft Ärger und Verdruß, traten auch durch die Gaslampen Verstimmung und Unruhe bei den Familien ein. Da war es der Gasstrumpf, der einfachstreikte". Mal war er ganzverblökert, mal hing er in Fetzen da. Vater zeigte sich dann besonders verärgert, und seine Feierabendstimmung war dahin. Welcher Junge erinnert sich nicht noch daran, daß Vater denSchmachtriemen abschnallte und dann strafte, weil Gasstrumpf oder Zylinder ein Opfer des Spieles geworden waren. Mit lautem Geheul ging es danach frühzeitig ins Bett, während Vater seinen Knast" im Dunkeln rauchen mußte. Mutter bemühte sich schließlich, als Ersatz eine Petroleumlampe auf den Tisch zu stellen, die wenigstens eine matte Helligkeit spendete.

Manchmal mußten auch Kerzen das so wichtige Licht liefern, wenn sonst kein anderer Ausweg blieb. Im Flackern des Kerzenscheins wurden dann die Schularbeiten erledigt. Verschmutzte Nasenlöcher und Kopfschmerzen mußten dabei als unliebsame Begleiterscheinungen in Kauf genommen werden.

Ja so war es vor kaum 50 Jahren.

Die Elektrizität ist uns längst zum selbstverständlichen Helfer geworden. In Industrie und Haushalt ist sie nicht mehr fortzudenken. Die Steckdose liefert uns heute Licht, Wärme und Kälte, ganz nach Wunsch. Aber die Entwicklung bleibt nicht stehen. Schon zeichnen sich am Horizont der Technik neue Möglichkeiten ab, die im guten Sinne angewandt Segen für die Menschheit bedeuten und ungeahnte Vorteile bringen können.

Sorgen wir dafür, daß die positiven Kräfte der Menschheit siegen, damit das Menschliche seinen Sinn behält, und wir unseren Enkeln einst im Frieden berichten können von uns und auch von dem alten Laternen­anzünder.