Lin Thronerbe als Diplomat.
Historische Studie aus der Rheinbundszeit.
Nach archivalischen Quellen von
Ludwig von Hirschfeld,
Kaiserl. Botschaftsrath z. D.
I.
Im Herbst des Jahres 1806, dem Zeitpunkt, mit welchem diese Studie beginnt, regierte in Mecklenburg-Schwerin Herzog Friedrich Franz I. Im reifen Mannesalter stehend, — er war am 7. December 1754 geboren, — blickte er auf eine einundzwanzigsährige Regierungszeit zurück, und diese war nicht nur eine friedliche gewesen, sondern sie hatte auch den alten Besitzstand des Landes, in welchem seine Ahnherren seit grauer Vorzeit geherrscht hatten, in vollem Umfang wieder hergestellt. Dank dem ausgezeichneten Stand der herzoglichen Kassen war es Friedrich Franz gelungen, die in früherer Zeit an Preußen verpfändeten vier Aemter Eldena, Marnitz, Plau und Wredenhagen wieder einzulösen und die im westfälischen Frieden an Schweden gekommene Stadt Wismar nebst den Aemtern Neukloster und Pöl gegen Erlegung einer Psandsumme von 1250000 Thalern zurück zu erwerben. Der Herzog führte ein mildes, patriarchalisches Regiment und war im Lande überaus beliebt. Er war von heiterem, jovialem Temperament, klarem Verstände und strengem Rechtsgefühl, dabei von einer geradezu rührenden Liebe zu seinem Lande, welches er während seiner zwei- undsünfzigjährigen Regierung höchst selten und dann stets nur gezwungen verließ. Eine halbfranzösische Erziehung hatte in ihm den Sinn für deutsche Eigenart nicht zu unterdrücken vermocht; vielmehr hatte sich mit zunehmendem Alter eine starke Abneigung gegen französische Staatseinrichtungen bei ihm herausgebildet. Mit norddeutscher Zähigkeit hing er an dem Hergebrachten sowohl in den eigenthümlichen Verhältnissen seines Landes als in dessen Beziehungen zu Kaiser und Reich, und sein erster großer Schmerz auf politischem Gebiete war der schmähliche Zusammenbruch der deutschen Reichseinheit und die Bildung des Rheinbunds, der die Gemeinschaft der deutschen Fürsten zerriß.