Heft 
(1892) 70
Seite
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Danton.

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Frage zu schließen, ob irgend wahrscheinlich sei, daß der hauptsächlichste Urheber des Sturzes der Monarchie sich aus eine anti-republikanische Verschwörung ein­gelassen habe?

Was am ersten und was am zweiten Tage des Verhörs gesagt worden, kann aus den oben angegebenen Gründen gegenwärtig nicht mehr im Einzelnen sestgestellt werden. Alle Zeugnisse stimmen indessen darin überein, daß der gesürchtetste Redner seiner Zeit bereits am 2. April Zuhörer und Ge­schworene in fieberhafte Erregung verseht hatte, und daß Fouquier - Tinville und Herman am Nachmittage des 3. April für den Ausgang des Processes ernstlich zu fürchten begannen. Die Sitzung dieses Tages war fast ausschließlich von den Reden Danton's ausgefüllt gewesen Reden, die einer juristischen Substanz ebenso entbehrten, wie die Allgemeinheiten der Anklage, aber eben dar­um den nachhaltigsten Eindruck machten und eine Umstimmung der Jury fürchten ließen. Von der Vertheidigung war der ungestüme, in die furchtbarste Er­regung gerathene Angeklagte zu einem Angriff auf seinen Ankläger übergegangen, den weder die Glocke noch der Zwischenruf des um alle Sicherheit gekommenen Präsidenten zu unterbrechen vermochten. Die blaffen Gesichter der aus der Loge des Gerichtsbuchdruckers zuschauenden Mitglieder des Sicherheitsausschusses ver­schwanden eines nach dem andern; Herman rückte unruhig auf dem Stuhle hin und her, die Zuschauer der Tribüne begannen zu murren, die Passanten der an­stoßenden Gasse stille zu stehen, als Danton mit gewaltiger Kraft dem Präsidenten zurief, der umsonst in Einem fort die Glocke rührte:die Stimme eines Mannes, der sein Leben vertheidigt, wird Dein Geklingel übertönen." Unter dem Vor­wände, daß Danton Spuren der Ermüdung zeige, entzog Herman ihm das Wort, um zum Verhör Philippeaux', Lacroix' und Desmoulins' zu schreiten. Die allge­meine Erregung hatte sich aber auch diesen mitgetheilt. Ermuthigt durch die Erfolge Danton's begannen sie ihren Anklägern mit Beschuldigungen zu erwidern, deren Abweisung dem mehr und mehr in die Enge getriebenen Vorsitzenden schlechterdings nicht gelingen wollte. Zum Schluß ergriff Danton abermals das Wort. Mit dem Aufgebot der vollen Gewalt seiner Löwenstimme und im Tone grimmigster Entrüstung erklärte er, daß er und feine Freunde auf der Anklage­bank säßen, weil sie selbst anklagen wollten. Er fordere die Vorladung von sechzehn (im Einzelnen namhaft gemachten) Mitgliedern des Convents, die als Zeugen vernommen werden sollten.Meine Stimme," so hieß es u. A.,die oft und nicht ohne Erfolg die Sache des Volks vertheidigt hat, wird keine Mühe haben, die Elenden zurückzutreiben, die mich verleumden konnten, die aber nicht Wagen werden, mich offen anzugreifen. Wenn die Feigen sich vor mir zeigen,

Werde ich sie mit dem Schimpf bedecken, den sie längst auf sich geladen haben-

Meinen Kopf habt Ihr, er bürgt für Alles; das Leben ist mir längst zur Last geworden."

Die Verlegenheit Herman's hatte ihren Gipfelpunkt erreicht. Ging es in der bisherigen Weise fort, so war das Aeußerste zu fürchten, und der eigne Kopf gefährdet. Er suchte den Antrag Danton's durch den Einwurf zu entkräften, daß Mitglieder des Convents nicht Wohl als Entlastungszeugen aufgeführt werden könnten, nachdem der Convent als solcher die Anklage beschlossen habe, wurde