Frau Jenny Treibel. 333
Wiederholen, Harnburgerinnen stehen auf einer Bildungsstufe, die den Zank ausschließt."
Treibel wiegte den Kopf. „Ja, sehen Sie, Krola, Sie sind nun ein so gescheiter Kerl und kennen die Weiber, ja, wie soll ich sagen, Sie kennen sie, wie sie nur ein Tenor kennen kann. Denn ein Tenor geht noch weit übern Lieutenant. Und doch offenbaren Sie hier in dem speciell Ehelichen, was noch wieder ein Gebiet für sich ist, ein furchtbares Manquement. Und warum? Weil Sie's in Ihrer eigenen Ehe, gleichviel nun, ob durch Ihr oder Ihrer Frau Verdienst, ausnahmsweise gut getroffen haben. Natürlich, wie Ihr Fall beweist, kommt auch das vor. Aber die Folge davon ist einfach die, daß Sie— auch das Beste hat seine Kehrseite — daß Sie, sag' ich, kein richtiger Ehemann sind, daß Sie keine volle Kenntniß von der Sache haben; Sie kennen den Ausnahmefall, aber nicht die Regel- Ueber Ehe kann nur sprechen, wer sie durchgefochten hat, nur der Veteran, der auf Wundenmale zeigt . . . Wie heißt es doch? ,Nach Frankreich zogen zwei Grenadier', die ließen die Köpfe hangen' ... Da haben Sie's."
„Ach, das sind Redensarten, Treibel . . ."
. . Und die schlimmsten Ehen sind die, lieber Krola, wo furchtbar „gebildet" gestritten wird, wo, wenn Sie mir den Ausdruck gestatten wollen, eine Kriegssührung mit Sammethandschuhen stattsindet, oder richtiger noch, wo man sich, wie beim römischen Carneval, Confetti ins Gesicht wirft. Es sieht hübsch aus, aber verwundet doch. Und in dieser Kunst anscheinend gefälligen Confetti- werfens ist meine Schwiegertochter eine Meisterin. Ich wette, daß mein armer Otto schon oft bei sich gedacht hat, wenn sie dich doch kratzte, wenn sie doch 'mal außer sich wäre, wenn sie doch 'mal sagte: Scheusal oder Lügner oder elender Verführer ..."
„Aber, Treibel, das kann sie doch nicht sagen. Das wäre ja Unsinn. Otto ist ja doch kein Verführer, also auch kein Scheusal ..."
„Ach, Krola, darauf kommt es ja gar nicht an. Woraus es ankommt, ist, sie muß sich dergleichen wenigstens denken können, sie muß eine eifersüchtige Regung haben und in solchem Momente muß es afrikanisch aus ihr losbrechen. Aber Alles, was Helene hat, hat höchstens die Temperatur der Uhlenhorst. Sie hat nichts als einen unerschütterlichen Glauben an Tugend und Mnä8or-8oax."
„Nun meinetwegen. Aber wenn es so ist, wo kommt dann der Zank her?"
„Der kommt doch. Er tritt nur anders auf, anders, aber nicht besser. Kein Donnerwetter, nur kleine Worte mit dem Giftgehalt eines halben Mückenstichs, oder aber Schweigen, Stummheit, Muffeln, das innere Düppel der Ehe, während nach außen hin das Gesicht keine Falte schlägt. Das sind so die Formen. Und ich fürchte, die ganze Zärtlichkeit, die wir da vor uns wandeln sehen, und die sich augenscheinlich sehr einseitig gibt, ist nichts als ein Bußethun — Otto Treibel im Schloßhof zu Canossa und mit Schnee unter den Füßen. Sehen Sie nun den armen Kerl; er biegt den Kopf in einem fort nach rechts, und Helene rührt sich nicht und kommt aus der graden Hamburger Linie nicht heraus . . . Aber jetzt müssen wir schweigen. Ihr Quartett hebt eben an. Was ist es denn?"