Heft 
(1892) 70
Seite
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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Während seines Aufenthalts in Frankreich sandte der Erbprinz eine Reihe von Berichten an seinen Vater und zwar fünfundzwanzig mit der Post, vierzehn, geheimen Inhalts, mittels Courier. Diese Schriftstücke waren sehr umfangreich, da der Prinz fast an jedem Tage schrieb und seine Aufzeichnungen dann in einen Bericht zusammenfaßte. Nur die geheimen Berichte gewähren völligen Ausschluß über die Lage. In den andern ist sorgfältig Alles vermieden, was den Absender oder den Empfänger compromittiren konnte. Auch sind die in letzteren vorkommenden Lobeserhebungen auf Napoleon in leicht erkennbarer Absicht eingefügt.

Es ist ganz unmöglich," schrieb der Prinz einmal,irgend etwas mit der Post zu schreiben, was nicht gelesen wird. Ich bitte daher um die Erlaubniß, meine geheimen Berichte nur durch sichere Gelegenheit absenden zu dürfen. Alle paar Wochen schickt einer der Gesandten der sächsischen Höfe einen Courier ab. Ich werde diese Gelegenheit benutzen und bitten, daß man meine Briefe von Weimar aus allemal mit einem sicheren Menschen befördert. Freilich werden diese Sendungen wegen Vergütung der Reisekosten ziemlich kostspielig werden, allein ich kenne kein anderes Mittel der sicheren Beförderung."

Der Depeschenverkehr mit Mecklenburg wurde denn auch in dieser Weise geregelt. Der sächsische oder der russische Courier nahm den Brief bis Weimar mit; von dort wurde er durch einen weimarischen Hosbediensteten nach Ludwigs­lust gebracht. Derselbe erhielt für die Hin- und Rückfahrt jedesmal vierzig Louisdor (zweihundert Thaler Gold), wovon circa hundertundsechzig Thaler auf die Fahrkosten entfielen, und der Rest dem Courier als Gratification verblieb. Diese Ausgabe für eine einfache Briefbesörderung war in der That beträchtlich, und der Herzog, der in Geldsachen genau war, glaubte billiger wegzukommen, wenn er einen seiner Leute in Weimar stationirte und ihm auftrug, gelegentlich auch die gewöhnliche Post streckenweise zu benutzen, denn die vierspännige Extra­post kostete per Meile 1 Thaler 6 Groschen. Mit zwei Pferden konnte man aber auf den schlechten Wegen im Winter nicht durchkommen. Ein Kammerdiener wurde zu diesem Zweck nach Weimar entsendet. Allerdings ermäßigten sich die Fahrkosten dadurch um etwas, die Gesammtkosten aber nicht, da die Diäten und Zehrungskosten bei mehrwöchentlichem Aufenthalt in Weimar sich sehr hoch stellten. Dieselben beliefen sich nach den vorliegenden Liquidationen auf nahezu drei Thaler täglich, wobei eine Flasche Medoc zu sechzehn Groschen Pro Tag in Rechnung gestellt und auch anstandslos vergütet wurde. Die russischen Couriere erhielten außerdem noch eine besondere Gratification von zwanzig Louisdor. Eine Courierbeförderung von Ludwigslust nach Neu-Strelitz hin und zurück kostete fünfzig Thaler Gold. Aus all' diesen Ziffern wird ersichtlich, daß die Be­förderung von Briefen wichtigen und geheimen Inhalts in damaliger Zeit äußerst kostspielig war, und es kann befremden, daß man nicht zu chiffrirten Depeschen, welche die Post befördern konnte, seine Zuflucht nahm. Ein durch Estafette oder Courier von Paris nach Ludwigslust geschickter Brief traf über Hamburg in zwölf Tagen, über Weimar in vierzehn Tagen ein.

Die Berichte des Erbprinzen geben ein so anschauliches Bild der damaligen Verhältnisse; es wird in ihnen die Machtvollkommenheit des Imperators, die