Heft 
(1892) 70
Seite
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Deutsche Rundschau.

unwürdige Lage der deutschen Fürsten, das Willkürliche und Unzusammenhängende des napoleonischen Systems ost mit so treffenden Zügen dargestellt, daß wir dieselben hier theilweise im Wortlaut folgen lassen. Der Erbprinz war ein scharfer Beobachter und mit der Feder gewandt. Sind es auch nur Skizzen, die er gibt, so haben sie den Vorzug, nach der Natur ausgenommen zu sein.

Das Hoflager des Kaisers befand sich zu Ende October noch in Fontainebleau. Wir kennen das Leben dort aus den Memoiren der Frau v. Remusat. Was Friedrich Ludwig darüber schreibt, deckt sich in der Hauptsache mit jener Schilderung. Ein Hof von großer Prachtentfaltung, nicht ohne ein gewisses Pathos, doch von etwas steifem, gezwungenem Wesen. Glanzvolle Effecte und prunkende Schaustellungen, aber innere Hast und Unruhe, kein Gleichmaß, keine vornehme Würde. Die meisten deutschen Fürsten, welche dem Imperator nach seiner Rückkehr von Tilsit ihre Huldigungen und Glückwünsche dargebracht hatten, waren bereits wieder abgereist. Nur der Großherzog von Würzburg, der Fürst Primas des Rheinbundes, der Herzog von Coburg mit dem Erbprinzen waren noch in Fontainebleau anwesend. Auch der Erbprinz von Strelitz traf in Be­gleitung des Grafen v. Schlitz jetzt dort ein, um ebenso wie sein Vetter von Schwerin, den Beitritt zum Rheinbund zu vereinbaren. Seine Schwester, die Fürstin von Thurn und Taxis, war schon längere Zeit in Paris anwesend, um die Aufhebung des Sequesters, mit dem ihre Güter in den Niederlanden belegt waren, zu erwirken. Die kluge, welterfahrene Dame, der wir später noch bei dem Erfurter Fürstencongreß begegnen werden, setzte dies auch wirklich durch.

Die Saison in Fontainebleau war im Herbst 1807 ganz besonders glänzend und währte länger als in früheren Jahren. Die letzten Siege und Eroberungen hatten den Ruhm der französischen Waffen noch erhöht. In diesem wie im nächsten Jahr befand sich Bonaparte auf dem Gipfel seiner Laufbahn. Mit der Trennung von Josephine sollte ihn sein Glücksstern verlassen. Der Hof, den der Erbprinz nun kennen lernte, und an welchem er die nächsten sieben Monate verlebte, war eine völlig neue Schöpfung und konnte das Gepräge einer solchen nicht verleugnen. Als Bonaparte in die Tuilerien eingezogen war, hatte sein Haushalt noch längere Zeit einen bürgerlichen Charakter bewahrt. Die Lebensweise blieb einfach; Freunde kamen und gingen, wie in einem Privat­haus. Einige Adjutanten bildeten die einzige offizielle Umgebung. Madame Bonaparte und ihre Tochter Hortense verkehrten mit den Familien der andern beiden Konsuln, der Minister und Generale, wie mit Ihresgleichen. Aber schon mit der Proclamation des Konsulats auf Lebenszeit, namentlich mit der Ueber- siedelung der Familie Bonaparte nach Saint-Cloud hatte eine größere Jsolirung, ein vornehmes Abschließen gegen die Gesellschaft Platz gegriffen. Eine Art Hof­tracht war eingeführt. Man erschien zu den Empfängen des Konsuls und seiner Gemahlin nur noch in gesticktem Frack, in seidnen Strümpfen und Schnallen­schuhen, und nicht viel hätte gefehlt, so wäre auch der Puder wieder in feine alten Rechte getreten. Der einheimische, alte Adel ward geflissentlich heran­gezogen und begünstigt, der ausländische drängte sich herzu. Man bemerkte in Josephine's Salon bereits die Trägerinnen der Namen Potocka, Castel-Forte, Dorfet, Gordon, Newcastle, Dolgorucki, Galitzin rc. Napoleon ging von da an