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Deutsche Rundschau.
der Verpflichtung, wenigstens diese Entschädigung bewilligen zu müssen für so viele geraubte Güter und Rechte. Ihre Freunde und Historiographen nehmen auch keinen Anstand, mit dem Hinweise auf den öffentlichen Nutzen und den Ruhm dieser Stiftungen ihren Ursprung aus dem Staatsschätze zu vertheidigen. Auch das Volk ist sich seines Anrechtes an diesen „miraeoli cli 8. Uietro^ stets bewußt geblieben.
Eine Veröffentlichung der Urkunden, welche die Grundlagen dieser Stiftungen bilden, steht bevor; das Studium derselben von juristischer Seite wird endlich volles Licht verbreiten über die bisher noch unklaren Verhältnisse und endgiltig die Rechte der Allgemeinheit an diesen Stiftungen seststellenH. Dem Nichtjuristen wird bis dahin ein Urtheil über die rechtliche Begründung dieser Ansprüche nicht zustehen; ihre fraglosen moralischen und idealen Rechte aber wird die Allgemeinheit unter keinen Umständen weder ausgeben wollen noch dürfen.
Heute ist es die Gesammtheit, die, im Verständniß ihrer idealen Bedürfnisse und Rechte, einzutreten hat zum Schutze und zur Erhaltung jener Güter, die in vergangenen Jahrhunderten allein durch den Kunstsinn der Fürsten und die Hochherzigkeit gebildeter Sammler dem Lande und der Oefsentlichkeit bewahrt wurden. Denn allen Gesetzen zum Trotz verödeten Unverstand, Eigennutz und Unehrlichkeit die Paläste des Adels wie die Kirchen und Stadthäuser.
So stark aber auch die Ausfuhr von Kunstwerken aus Italien, die seit dem sechzehnten Jahrhunderte jene Gesetze veranlaßt, gewesen sein mag, der Verlust kann bei dem ungeheuren Reichthum sich kaum allzu fühlbar gemacht haben. Die alten Familien hielten ihren Besitz an Kunstwerken, die meist mit der Geschichte ihrer Familie in engster Beziehung standen, gewissermaßen ein persönliches Verhältniß zur Familie selbst hatten, für einen wesentlichen Ruhmestitel, für ein unveräußerliches Eigenthum derselben. Andererseits wurde der Verkauf einer Sammlung in das Ausland oft durch das Entstehen neuer Privatgalerien ausgeglichen, die nun auch neben der antiken und italienischen Kunst die Meisterwerke der niederländischen, deutschen, französischen und spanischen Kunst in sich aufnahmen. Wenn auch die Ausfuhr die Einfuhr an Werth und Menge weit übertraf, so kann bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts doch immerhin noch mehr von einem Austausche als lediglich von Ausfuhr gesprochen werden.
Erst seit dem Anfänge unseres Jahrhunderts fing die Ausfuhr von Kunstwerken aus Italien an, einen Besorgniß erregenden Maßstab und Charakter anzunehmen. Während auf der einen Seite die politischen und wirthschastlichen Verhältnisse mit dem Sinn und Interesse für Kunst auch den Sammeleifer und die Freude an der Erhaltung der vorhandenen Schätze schwinden ließen, traten die im Auslande auf wissenschaftlicher Grundlage sich bildenden Kunstsammlungen jetzt als die kaufkräftigsten nnd mächtigsten Factoren auf den italienischen Kunstmarkt, mit um so größerem Erfolge und zu um so größerem Schaden für den Bestand der Kunstdenkmäler Italiens, als die Leiter dieser Institute auf Grund ihrer umfassenden Bildung und Sachkenntniß unabhängig vom herrschenden Modegeschmack, besonders den Arten von Kunstwerken und den Kunstepochen ihre Aufmerksamkeit zuwandten, deren Denkmäler, weil vom Publicum und von Privatsammlern noch nicht genügend verstanden und gewürdigt, fast unbeachtet auf dem Markte oder ihrem Werthe nach unbekannt in Kirchen, Hospitälern und Privathäusern lagen.
Aus den Palästen der vornehmen Familien, aus Kirchen, Hospitälern, selbst aus den Communalpalästen verschwand der Kunstschmuck und fand fast ausnahmslos den Weg ins Ausland.
In Bezug auf die Villa Borghese sind die Rechte des Publicums bereits durch richterliche Entscheidung im Jahre 1885 anerkannt worden. Die Nomoria «los Vvv. Roronrio Neuem: II Oiritto del Ropolo Romano sulla Villa Lorglmss (Roma 1885) enthält eine interessante Darstellung der Entstehung der Villa, die ein lehrreiches typisches Beispiel der rechtlichen Grundlagen jener Stiftungen bietet.