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Deutsche Rundschau.
Lr. Troud, dem Schiffsarzt an Bord I. M. S. „Magicienne", bestens unterstützt, so daß wir hoffen dürfen, wenigstens einige derselben gerettet zu haben. Unter den Europäern waren ebenfalls nicht wenige am Fieber erkrankt, dem fast keiner entgeht.
Am 18. Juni traf vr. Doyle-Glanville ein, der uns nach Mashonaland geleiten soll. Alle Hoffnung auf die geträumten Transportwagen oder auch Karren haben wir inzwischen gründlich aufzugeben gelernt. Wir hatten nur die Wahl, entweder in Mpandas zu bleiben oder, woran nicht zu denken war, nach Natal zurückzukehren. Der Bischof war in Umtali, zwischen Mafsi Kesse und Fort Salisbury, und dort richteten Fieber und Mangel an Lebensmitteln schreckliche Verheerungen an. Mpandas ist verhältnißmäßig gesünder; man kann die Weißen von dort an die Meeresküste schicken, um sie vom Fieber zu befreien. Für die Eingeborenen genügt eine Dosis Chinin. Wir beschlossen also, unsere Reise, und zwar zu Fuß und mit Trägern für Vorräthe und Gepäck fortzusetzen. Dagegen erhob sich nun freilich ein wahrer Sturm von Gegenvorstellungerl, Bitten, Einwänden aller Art; aber wir blieben fest bei unserem Entschluß, dem vr. Doyle-Glanville in der Ueberzeugung zustimmte, daß kein anderer Weg uns offen stand. Montag, den 29. Juni, erschienen Eingeborene aus einem fünfzig Meilen landeinwärts gelegenen Dorf, von ihrem Häuptling oder „Jnkoos" geführt, und mit eigenthümlich gescheiteltem, mit Muscheln geschmücktem Haupthaar. Nach langen Unterhandlungen und endlosem Feilschen traten wir am Dienstag Abends mit zweiunddreißig dieser Leute, den Herren vr. Glanville und Sutton, unsere Reise an. Es war unsere Absicht, einige Meilen vom Lager Halt zu machen und erst am 1. Juli früh aufzubrechen. Nach etwa drei Meilen Weges mußten wir in einem kleinen Canoe paarweise über einen Fluß fetzen, während schon die Nacht über uns hereinbrach und der Mond die kleine Karawane phantastisch beleuchtete, worauf wir in einem Kraal Unterkunft fanden.
Zu unserem Schrecken entdeckten wir, daß die Träger Kerzen und Laternen mit- Zunehmen vergessen hatten; wir mußten uns also, so gut es eben ging, mit Feuern und trockenen Mealistengeln Helsen und schliefen, in unsere Decken eingerollt, unter freiem Himmel bei den Wachtfeuern ein.
Gegen Morgen weckte uns ein eigenthümliches, klägliches Geheul. Ein Bewohner des Kraals war gestorben, und die Todtenklage um ihn erinnerte ganz an die irische Todtenwache. Bald darauf wurde der Leichnam in eineni sehr künstlich geflochtenen Weidensarg hinausgetragen, gefolgt von einem Weibe mit Lebensmitteln, die zugleich mit dem Todten in das Grab gesenkt werden sollten. Unterdessen war ein schwarzer Junge nach Mpandas zurückgeschickt worden, das Fehlende zu holen, und nach seiner Rückkehr konnten wir uns endlich auf den Weg machen. Am ersten Tag ereignete sich nichts Erwähnenswerthes. Die Route war uninteressant; das Nachtlager sollte wieder in einem Kraal abgehalten werden. Dieses Mal aber störte das Gebrüll der Löwen unsern Schlummer. Sie schienen in großer Anzahl um die Ansiedlung zu schleichen. Am Morgen, bald nach dem Aufbruch, mußten wir über den Pungwe; die Träger wateten mit fürchterlichem Geschrei, um die Krokodile zu verscheuchen, durch die hier seichten Fluthen. Die kräftigsten unter ihnen trugen uns auf den Schultern hinüber. Am anderen Ufer fanden wir in nächster Nähe die Hütte eines portugiesischen Agenten der Mozambique-Gesellschaft, der, wie alle seine Landsleute, sich durch Freundlichkeit für uns auszeichnete und uns köstlich bewirthete. Es that Noth, denn vor uns lag ein langer, ermüdender Weg von zwölf Meilen, durch gänzlich wasserlose Gegenden; sandige, ausgebrannte Ebenen mußten durchwandert werden, in welchen der Fuß keinen festen Halt gewann und man bei jedem Schritt deren zwei zurückzurutschen glaubte. Wie alle unerfahrenen Anfänger leerten wir zu früh unsere mit kaltem Thee gefüllten Flaschen, und dann kamen Stunden, die uns lebhaft an unsere Erfahrungen an Bord des „8üg.rk" erinnerten. Endlich erreichten wir eine grüne Stelle, wo zu unserem freudigen Erstaunen ein junger Engländer sich eben bei seiner Abendmahlzeit gütlich that. In weniger als einer Secunde war sein Kaffee von uns verschlungen, und nie wieder wird ein Kaffee so schmecken wie dieser. In