Heft 
(1879) 27
Seite
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Grete Minde.

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Erbe weigert. Und dessen denk' ich, hat er kein Recht. Ich kam in diese Stadt, um wieder gut zu machen, was ich gefehlt, und wollte dienen und arbeiten, und bitten und beten. Und das alles um dieses meines Kindes willen. Aber Gerdt Minde hat mich von seiner Schwelle gewiesen; er miß­traut mir; und vielleicht, daß er's darf. Denn ich weiß es Wohl, was ich war und was ich bin. Aber wenn ich kein Recht Hab' an sein brüderlich Herz, so Hab' ich doch ein Recht an mein väterlich Gut. Und dazu Peter Guntz, und ihr andern Herren vom Rath, sollt ihr mir willfährig und behülflich sein."

Peter Guntz, als Grete geendet, wandte sich an Gerdt und sagte:Ihr habt die Klage gehört, Rathsherr Minde. Ist es, wie sie sagt? Oder was habt Ihr dagegen vorzubringen."

Es ist nicht, wie sie sagt" erhob sich Gerdt von seinem Stuhl.Ihre Mutter war einer armen Frauen Kind, Ihr wisset all' wes Landes und Glaubens, und kam ohne Mitgift in unser Haus."

Ich weiß."

Ihr wißt es. Und doch soll ich sprechen, wo mir zu schweigen ziemlicher war'. Aber Euer Ansinnen lasset mir keine Wahl. Und so höret denn. Jacob Minde, mein Vater, so klug er war, so wenig umsichtig war er. Und so zeigte sich's von Jugend auf. Er hatte keine glückliche Hand in Geschäften und ging doch gern ins Große, wie die Lübischen thun und die Flandrischen. Aber das trug unser Haus nicht. Und als ihm zwei Schisse scheiterten, da war er selbst am Scheitern. Und um diese Zeit war es, daß er meine Mutter heimführte, vou Stendal her, Baldewin Rickhart's einzige Tochter. Und mit ihr kam ein Vermögen in unser Haus. . ."

Mit dem Euer Vater wirthschaftete."

Aber nicht zu Segen und Vortheil. Und ich habe mich mühen müssen und muß es noch, um alte Mißwirtschaft in neue Gutewirthschüft zu ^ver­kehren, und alles was ich mein nenne bis diese Stunde, reicht nicht heran an das Eingebrachte von den Stendal'schen Rickharts her."

Und dies sagt Ihr an Eides statt, Rathsherr Miude!"

Ja, Peter Guntz."

Dann, so sich nicht Widerspruch erhebt, weis' ich Dich ab mit Deiner Klage. Das ist Tangermündisch Recht. Aber eh' ich Dich, Grete Minde, die Du zu Spruch und Beistand uns angerufen hast, aus diesem unserem Gericht entlasse, frag' ich Dich, Gerdt Minde, ob Du Dein Recht brauchen uud behaupten, oder nicht aus christlicher Barmherzigkeit von ihm Massen willst. Denn sie, die hier vor Dir steht, ist Deines Vaters Kind und Deine Schwester."

Meines Vaters Kind, Peter Guntz, aber nicht meine Schwester. Damit ist es nun vorbei. Sie fuhr hoch, als sie noch mit uns war; nun führt sie niedrig, und steht vor Euch und mir, und birgt ihr Kind unterm Mantel. Fragt sie, wo sie's her hat? Am Wege hat sie's geboren. Und ich habe nichts gemein mit Weibern, die zwischen Heck' und Graben