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Theodor Fontane in Berlin.
„Ist das Dein letztes Wort?"
„Ja, Grete."
„So gehab' Dich wohl, und Dein Lohn sei wie Dein Erbarmen." Und damit wandte sie sich und schritt auf die Thür und den Flur zu. Als sie draußen an dem Fenster vorüber kam, sah sie noch einmal hinein, aber Gerdt, der abgewandt und in Gedanken da saß, bemerkte nichts.
Er sah auch noch starr vor sich hin, als Trud eintrat und einen Doppelleuchter vor ihn auf den Tisch stellte. Denn es dunkelte schon. Sie waren kein plaudrig Ehepaar, und die stummen Abende waren in ihrem Hause zu Hause; heut aber stellte Trud allerlei Fragen, und Gerdt, dem es unbehaglich war, erzählte schließlich von dem, was die letzte Stunde gebracht hatte. Ueber alles ging er rasch hinweg; nur als er an das Wort „Erbe" kam, könnt' er davon nicht los und wiederholte sich's zweimal, dreimal, und zwang sich zu lachen.
Trud aber, als er so sprach, war an das Fenster getreten und klopfte mit ihren Nägeln au die Scheiben, wie sie zu thun Pflegte, wenn sie zornig war. Endlich wandte sie sich wiederund sagte: „Und was glaubst Du, was nun geschieht?"
„Was geschieht? Ich weiß es nicht."
„Aber i ch weiß es. Meinst Du, daß diese Hexe sich an die Landstraße setzen und Dir zu Liebe sterben und verderben wird?! O, Gerdt, Gerdt, es kann nicht gut thun. Ich hatt's gedurft, vielleicht gedurft, denn wir waren uns fremd und feind von Anfang an. Aber Du! Du durftest es nicht. Ein Unheil giebt's! Und Du selber hast es herauf beschworen. Um guten Namens willen, sagst Du? Geh; ich kenn' Dich besser. Aus Geiz und Habsucht und um Besitz und Goldes willen! Nichts weiter."
Er sprang auf und wollte heftig antworten, denn so stumpf und gefügig er war, so zornmüthig war er, wenn an seinem Besitz gerüttelt wurde. Trud aber, uneingeschüchtert, schnitt ihm das Wort ab und sagte: „Sprich
nicht, Gerdt; ich lese Dir das schlechte Gewissen von der Stirn herunter. Deine Mutter hat's eingebracht, ich weiß es. Aber als die Span'sche, Gott sei's geklagt, in unser Haus kam, da hatte sich's verdoppelt und aus eins war zwei geworden. Und so Du's anders sagst, so lügst Du. Sie hat ein Erbe. Sieh nicht so täppisch drein. Ich weiß es, und so sie's nicht empfängt, fo wollen wir fehen, was von Deinem und Ihrem übrig bleibt. Lehre mich sie kennen. Ich Hab' ihr in die schwarzen Augen gesehen, öfter als Du. Gezähmt, sagst Du? Nie, nie." Und sie zog ihren Knaben an sich, der, während sie sprach, ins Zimmer getreten war.
„Ihr sprecht von der Frau," sagte das Kind. „Ich weiß. Sie hat mich bei der Hand nehmen wollen. Drüben. Aber ich habe mich vor ihr gefürchtet und von ihr losgerisfen."
pp. Grete vor Peter Guntz.
Grete war allem Anscheine nach ruhig aus dem Hause getreten; aber in ihrem Herzen jagte sich's wie Sturm und hundert Pläne schossen in ihr