Heft 
(1879) 27
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Moderne Magie.

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nur die Stufen seien. Die Erscheinungen beim Todeskampfe, die man fälschlicher Weise auf Schmerz und Leid deute, seien nur die Symptome unaussprechlichen Entzückens. Der Geist nehme in fein neues Leben aus dem Körper die Empfindung als Hülle mit, um sich aus ihr ein neues Kleid zu weben. Der Tod sei kein Untergang, sondern Emporgang in höhere, seligere Regionen. An dieser Stelle erhebt sich die Sprache des Sehers zu höherem Schwung und fast poetischer Schönheit:Der Schmetterling entflieht seinem groben und

rudimentären Körper, schwingt sich aus zur sonnigen Laube und empfindet sein neues Dasein. Der Thautropfen, der aus der Erde ruht, wird durch die Aufsaugung der Sonne unsichtbar und steigt empor, um sich mit der Atmosphäre zu gesellen und in ihren: Schooße zu ruhen. Der in Wärme und Licht schwellende Tag vertheilt seine Segnungen an die Gebilde der Erde und sinkt zur Ruhe in den Schooß der Nacht. Die Nacht aber ist nur die Botin eines neuen Tages, der zuerst am Horizont gewiegt wird und nachher in seinem Mittagslicht zur vollen Schönheit und lebensspendenden Kraft hervorbricht. Die Blume, sich aus ihrem Samen durch eigenen Drang nnd durch den Ruf der Sonne entfaltend, glänzt im Schimmer der Farben und wird so zum Bilde des Lichtes und der Schönheit; hat sie aber ihre Vollendung erreicht, so beginnt sie schnell Form, Farbe und Schönheit ihres äußeren Daseins abzustreifen. Ihr Wohlgernch entflieht und verwandelt sich in ver­wandte Düfte; aber wenn die Blume auch nicht mehr ist, ihre Schönheit dauert doch im Gedächtniß ihres Beschauers und Bewunderers unauslöschlich fort. Die Blätter, die vom Hauche des Winters gefärbt werden, behalten ihre äußere Schönheit nicht länger; dies ist aber nur die Verkündigung eines neuen Lebens und einer neuen Beseelung, die sich in der Wiederkehr von Blättern und Laub in der jungen Jahreszeit erfüllt. Wie es damit ist, so ist es auch mit den: Geiste. Der Körper stirbt im Aeußern oder besser: er verändert seine Existenzweise, während der Geist zu einer höheren Wohnung, die seiner Natur und seinen Bedürfnissen entspricht, aufsteigt."

Der von der Erde losgelöste Geist schreitet in seiner Selbstvervollkomm­nung fort, er hat hintereinander sieben Sphären zu bewohnen, deren Seligkeit als ein idealisirter Widerschein von den Freuden des gegenwärtigen Lebens sich anschaut:Jeder ist ein unsterbliches Kind des Ewigen und Keiner ist

so hoch, daß er nicht das Niedrigste wäre von etwas noch Unentwickeltem. Kein Geist kann zum andern sagen, daß er seiner nicht bedürfe; denn jeder lebt von dem andern, und diese gegenseitige Abhängigkeit bildet gerade die Harmonie und Weisheit aller Dinge." Wie im materiellen Universum eine Centralsonne Alles erleuchtet und ernährt, so ist in jener Hähern Welt Gott die Sonne, welche Licht und Glück in die Geister sendet. In einen teleo­logischen Optimismus, wonach jedes Ding ein nothwendiges und vollkommenes Glied in dem Riesenleibe Gottes ist, klingt diese Weltanschauung aus, von deren Anerkennung und Verbreitung Davis die moralische Hebung des Menschengeschlechts und die Aufrichtung einer neuen und glücklichen Ordnung