- Die Madonna im Gelwald. - 555

Nur ihrem Retter schien der Sinn verschlossen Für so viel Reiz. Auch lieh er kaum ein Ghr Dem muntren Plaudern seiner Fahrtgenossen Und wandelte trübsinnig wie zuvor.

Indessen war der halbe Tag verflossen,

Im schwülen Wald verstummt der Vögel Thor,

Da sprach der Mönch und trocknet' sich die Glatze:

Uf! Mich verlangt nach einem Ruheplatze.

Ihr, junger perr — doch sagt, wie heißt Ihr auch? —

Ich? Liombrun. — perr Liombrun, ich denke,

Ihr theilt mit mir nach armer Wandrer Brauch Mein dürftig Mahl. Pier winkt uns keine Schenke.

Brod Hab' ich noch, voll Beeren hängt der Strauch,

Nur leider, fürcht' ich, fehlt es am Getränke. —

Lhrwürden, sprach Frau Renza, Speis' und wein Trag' ich im Korb; ihr sollt geladen sein. —

So läßt der perr die Seinen nicht verschmachten! —

Sie lagern sich in einem schatt'gen Thal,

Und während sie den Vorrath leichter machten,

Mit heitern Reden würzen sie das Mahl.

Auch Liombrun thaut aus, und zu betrachten Beginnt er jetzt das liebliche Gval Des blonden Pauptes, das vom Tuch befreit Sich freundlich zu ihm neigt von Zeit zu Zeit.

Dann, als der wein versiegt war, trug vergnüglich Der Gottesmann ein altes Tanzlied vor.

Die Frauen stimmten ein, und unverzüglich Rlang auch des Jünglings silberner Tenor.

Frau Gigia's süße Tonkunst hätte füglich Bezaubert auch das strengste Rennerohr.

Die letzten Wolken auf der Stirn, der bleichen,

Des Jünglings mußten dieser Stimme weichen.

G Zauberin Musiki Auf deinen Schwingen Durch pöll' und Pimmel trägst du unser perz,

Daß in des Daseins Guellenschacht wir dringen.

Ins peinlichste von allem Glück und Schmerz.

Du sprichst von unaussprechlich hohen Dingen,

Weltweiser Schwermuth, kindlich süßem Scherz,

Und vollends kannst du Wunder thun, zusammen Mit schöner Augen seelenvollen Flammen.

So ward der Jüngling wehrlos fortgerisjen Zum tiefsten Abgrund sel'ger Schwärmerei.

Auf einmal fühlt er von Gewissensbissen Und Lebensnöthen wundersam sich frei.