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herbei, die eigens für diesen Zweck bereitgestellt worden sind. Auf diese Weise kann man sich einen Begriff von den verheerenden Wirkungen machen, die durch ein gut unterhaltenes Geschühfeuer herbeigeführt werden.
Für die Schießübungen mit Melinitladung werden als Zielpunkte Erdwerke und Mauerarbeiten aufgeführt, und es treten hier die Aspiranten vom Geniecorps den angehenden Artilleristen hilfreich zur Seite. Zwischen den jungen Leuten findet ein freundschaftlicher Wettstreit statt, der nach den großen Prüfnngsschießen gewöhnlich mit dem friedlichen Explosivstoff der Champagnerflaschen besiegelt wird.
An verfchiedenei: Punkten sind auf den: Schießplatz möglichst in der Nähe der Zielobjekte, doch in sicherer Deckung vor den Geschossen, Telegraphen- und Telephonstationen eingerichtet, die in beständiger Verbindung mit der Batterie stehen, die Treffer angeben, nach jedem Schuß über die erzielte Wirkung, die seitliche Abweichung, die erreichte Distanz und schließlich über alles das berichten, was den Kommandierenden bei der Batterie und die Jn- struktionsoffiziere interessieren kann, die nach jeden: Schießei: vor den versammelten Kriegsschülern die Kritik über dasselbe nbgeben.
Da durch den Wald von Fontainebleau Straßen führen, von denen verschiedene über den Schießplatz gehen, werden rings um denselben Kavalleriepostei: ansgestellt, um den Zutritt während des Schießens zu verhindern; außerdem werden besondere Fahnen aufgezogen, die die Pausen anzeigen, während deren man das Polygon und die Gegend hinter demselben betreten darf. Während des Schießens ist es verboten, die Schußlinie und einen wenigstens 200 Meter über sie hinaus gelegenen Raum zu durchbrechen, damit nicht etwa Passanten von den über das Ziel hinaus- fliegenden Sprengstücken der explodierenden Geschosse verletzt werden. Es kommt sogar häufig vor, daß durch eine Ungeschicklichkeit bei»: Zielei: ein Geschoß an unrichtiger Stelle explodiert und dei: Wald in Brand steckt, der nur allzuoft durch einen unglücklichen Artilleristen in seinem Bestände geschädigt wird.
Trotz der großen Gefahr lassen sich nicht selten Neugierige ans Interesse, das sie an der Schule nehmen, dazu verleiten, sich still bis mitten in das Gebüsch hinein zu schleichen, wo sie dann unbemerkt die verheerenden Wirkungen der Geschosse anschauen können. Aber wehe dem, der sich erwischen läßt! Er wird nach der Stadt gebracht und erhält oft seine Freiheit erst nach mehrtägiger Haft wieder, besonders, wenn er keine „mildernden Umstände" für sich geltend machen kann.
Nach jeder Uebung kehren die mit dein Range von Unterlieutenants bekleideten Kriegsschüler, von den ihnen als Instruktoren dienenden Offizieren angeführt, truppenweise wie gewöhnliche Soldaten, teils zu Fuß, teils zu Pferde, teils auf den Protzkasten der Geschütze nach den Kasernen zurück.
Alljährlich veranstaltet die Schule während der besseren Jahreszeit nächtliche Schießübungen, zu denen Ungeladen zu werden bei den Einwohnern der Stadt als eine hohe Bevorzugung gilt. Die Verwandten und Freunde der Schüler und ihrer Lehrer wohnen denselben in großer Anzahl bei. Neben den eigentlichen Uebungen laufen dann mancherlei Spielereien einher, die speziell zur Unterhaltung der eingeladenen Gäste bestimmt sind.
Angefeuert durch die Komplimente der anwesenden jungen Damen suchen die Kriegsschnler sich beim Richten ihrer Geschütze an Geschicklichkeit gegenseitig zu überbieten. Die Batterie bietet im Scheine des elektrischen Lichtes einen äußerst malerischen Anblick dar inmitten der eleganten Toiletten der Damen, die die großen Belagerungsgeschütze umstehen und jedesmal zufammenfahren, wenn der Donner ihrer Entladungen die Luft erschüttert.
und Meer.
Wenn die vorgeschriebenen Schießübungen zu Ende sind, folgt in der Regel zur Unterhaltung der Gäste ein sogenanntes Lichtschießen, das heißt eine Beleuchtung der Umgegend vom Schießstande ans, aber nicht durch elektrische Scheinwerfer, sondern durch Leuchtbomben, die aus einem Belagerungsmörser geschleudert werden.
Es ist das ein Mörser von 220 Millimeter Durchmesser, der in: Jahre 1880 eingeführt worden ist; seine Tragweite beträgt bei einer Erhebung von etwa 44 Grad 5500 Meter. Dieser Feuerschlund, aus de»: die Lichtbomben entsendet werden, und der speziell auf das Schießen unter großem Erhebnngswinkel berechnet ist, hat im Verhältnis zu feinem Kaliber eine weit gedrungenere Gestalt als die gewöhnlichen Belagerungsgeschütze. Die deutsche Artillerie besitzt übrigens ein ähnliches Geschütz in ihren: Mörser von 210 Millimeter Durchmesser. Die Lafette besteht aus Metall und trägt mit Rücksicht auf das beträchtliche Gewicht des Geschosses eine besondere Ladevorrichtung. Das Gesamtgewicht des Geschützes beträgt einschließlich der Lafette 4700 Kilo, zur Bedienung sind sechs Mann erforderlich.
Soviel wir wissen, unterbreitete im Jahre 1874 ein Erfinder den: französischen Kriegsministerium einen Plan, nachts durch Leuchtgeschosse die feindlichen Arbeiten vor einein belagerten Platz aufzuhellen; es wurden an verschiedenen Orten Versuche angestellt, allein mit dem alten glatten Mörser konnten die Leuchtgeschosse nicht weit genug geschleudert werden; man glaubte daher warten zu sollen, bis man einen Mörser gefunden habe, der im stände sei, die leuchtende Bombe aus größere Entfernungen hinaus- zntragen.
Als aber der gewünschte Mörser gefunden war, das heißt der von 220 Millimeter Durchmesser, war es zu spät; die Wisseuschaft hatte inzwischen den elektrischen Scheinwerfer gebracht, und als dieser in der Armee zu allgemeiner Annahme kam, hatte die Leuchtbombe ihre Existenzberechtigung eingebüßt.
Die Erfindung, um die es sich handelte, war übrigens interessant; es hatte mit ihr folgende Bewandtnis:
Zunächst gab es eine Fallschirmbombe. Sie besteht aus einem leichten und sehr dünnen eisernen Hohlgeschoß, das mit einer Art Fallschirm aus starkem Seidenstoff umhüllt ist und einen Leuchtstoff enthält, dessen Leuchtkraft sich mit der des Hydro-Oxygengases vergleichen laßt. Wenn das Geschoß in den: der Entfernung entsprechenden Winkel fort- geschleudert wird, treibt es durch eine besondere Vorrichtung den Fallschirm an, der sich nun entfaltet und den Apparat etwa 30 Meter über den: Boden in der Schwebe hält, während zugleich durch eine weitere Vorrichtung eine Zündschnur die in der Bombe enthaltene Leuchtmasse entzündet, die nun auf eine Kreisfläche von etwa 60 Nieter Durchmesser ein sehr Helles und intensives Licht fallen läßt. Der Fallschirm übernimmt zugleich die Funktion eines Lichtschirms, indem er die zwecklose seitliche Ausbreitung des Lichtes verhindert und dasselbe auf eine bestimmte Fläche konzentriert.
Der Apparat schwebt in der Luft und senkt sich langsam herab. Er beleuchtet zwei bis drei Minuten lang das unter ihm gelegene Gelände; wie der Erfinder meinte, sollte dadurch Gelegenheit geboten werden, sich wahrend der Nacht von dem Fortschritt der feindlichen Belagerungsarbeitei: oder der etwaigen Ankunft eines neuen Truppenteils zu überzeugen. Das war nun eine etwas naive Idee, denn um dem Geschoß die erforderliche Richtung zu geben, hätte man zunächst wissen müssen, an welcher Stelle in der betreffenden Nacht der Feind mit seinen Arbeiten Vorgehen und wo der Trnppen- zuzug stattsinden werde, Thatsachen, über die man doch in der Regel keine Kenntnis zu seinen Gegnern gelangen läßt.
Ei:: andrer Apparat war die sogenannte explodierende Leuchtbombe. Dieselbe wurde direkt ans das Gebiet der