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(öiovanni Segantini.
den hervorragendsten Malern, die das moderne Italien hervorgebracht, zählt unstreitig Giovanni Segan- tini, der „Maler der Alpen", wie seine Landsleute ihn nennen, ein Talent von entschiedener Eigenart, das selbständig seine Wege zu wandeln gelernt hat und durch das strenge Studium der Natur dem Idealismus entgegengesührt worden ist, wie es ähnlich bei den Meistern Arnold Boeeklin, Hans Thoma und Puys de Chavanne der Fall gewesen.
Eine treffliche Studie über den italienischen Künstler- Hat in dein Doppelhefte (5 und 6) der von 1)r. Maßner geleiteten Zeitschrift „Die graphischen Künste"
(Wien, Gesellschaft für vervielfältigende Kunst) der französische Essayist William Ritter veröffentlicht. Wir entnehmen derselben neben den beiden Abbildungen, die wir bringen, folgende Einzelheiten über das Leben und den Entwicklungsgang des Künstlers.
Giovanni Se- gantini wurde im Fahre 1858 in Arco aufösterreichischem Territorium geboren. Seine Eltern wurden vom Mißgeschick verfolgt und starben, als er kaum die ersten Lebensjahre hinter sich hatte.
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Der verivapte Knabe geriet unter die Obhut fremder Leute und wuchs, als er in sein siebentes Jahr ging, als Schweinehirt in einem kleinen Dorfe in der Nähe von Mailand auf.
Als solcher sollte er seine Umgebung
durch die Entfaltung der ihm eignen Begabung in Staunen setzen. Die Bauern des Dorfes fanden den kleinen Giovanni eiiies Tages in Betrachtung eines Felsens versunken, auf dem er mit einem Stückchen Kohle in leicht wiederznerkennender Weise das schönste Schwein seiner Herde gezeichnet hatte — er wurde im Triumph in das Dorf znrückgeführt. Dem so plötzlich entdeckten Talente sollte es an Unterstützung nicht fehlen. Giovanni erhielt die Mittel, die Kunstschule in Mailand zu beziehen, und brachte sich in der Folge, Unterricht empfangend und solchen erteilend, selbständig weiter fort. Ein befreundeter Trognenhändler verschaffte ihm die ersten Oel- farben, damit er ihm einen Zuckerhut und ähnliche Eß- waren an seinen Kramladen male. Sein erstes Bild malte
(Selbstporträt.)
er, da er keine Leinwand hatte, auf ein bereits benutztes Pergament. Es war der Chor der Kirche San Antonio, lieber dieses Werk, bei dem Segantini die ganze beleuchtete Partie nach den Gescheit der prismatischen Lichtbrechung behandelte, berichtet einer seiner Mitschüler: „Hier sah man wirklich, wie das Licht durch das gemalte Fenster herein- strömte." Zu dieser Zeit hatte er sicher noch keine Idee von der wissenschaftlichen Theorie, die sich mit diesem Phänomen beschäftigt. Segantini hatte einfach in der alten und modernen Malerei den absoluten Mangel einer Atmosphäre beobachtet und sofort begriffen, daß der Effekt des strahlenden
Lichtes nur dann zu erreichen sei, wenn mau die Farben zerteilen und auf solche Weise Luft darstellen könne. Ohne eine Ahnung von --S dem, was sich zur selben Zeit in Frankreich zutrug, wurde der junge Mann zu der gleichen Erkenntnis gedrängt, der ein Monet, Rasiaölli und andre bereits sehr nahe standen. Er fühlte und verstand wohl, das; man beim Mischen der Farben auf der Palette weder Licht noch Wahrheit finden werde. Er machte sich nun, wie er selbst erzählt, daran, die Farben in unendlich kleinen Teilen vollkommen rein nebeneinander zu setzen, und überließ es der Netzhaut des Auges, für den Beschauer die Mischung zu vollziehen. Er erhielt dadurch eine Art spontaner Bewegung, ein intensives Vibrieren der Materie des Farbstoffes, mehr Licht, mehr Wahrheit, mehr Liift. Und der Künstler fügt mit einer Bescheidenheit, die ihm alle Ehre macht, hinzu: „Heute ist diese That- sache durch die Wissenschaft erwiesen, und viele Maler aller Zeiten und aller Länder hatten schon vor mir diese unmittelbare Erkenntnis. Bei mir entwickelte sich das ganz natürlich, durch ein ehrliches, liebevolles und gewissenhaftes Studium der Natur, und zwar derart, daß mir diese Art der Farbengebung ein ganz persönliches, individuelles, spontanes Bedürfnis wurde."
Die Bilder des Künstlers, der zum ersten Male eine wirkliche Luftperspektive wiederzngeben verstand, fanden bald Anklang, und Segantini wurde in die Lage versetzt, sich sein Leben nach seinem Wohlgefallen zu gestalten.
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