Heft 
(1897) 09
Seite
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Zur pflege des Kund es.

Eine zweckmäßige Ernährung kann die Behörde aus naheliegenden Gründe!: nicht vorschreiben. Indessen scheinen die Besitzer, nach den: Aussehen der Tiere zu urteilen, in der Mehrzahl einzusehen, daß ihr eignes Interesse sür eine gute Ernährung der Hunde spricht. Luxushunde werden es in dieser Beziehung oft nicht besser haben, insofern jede Verfehlung gegen das richtige Maß gleich ungünstige Folgen nach sich zieht. Junge Hunde sind mit sechs Wochen un­bedingt von der Mutter zu trennen und auf eigne Füße zu stellen. Man setze ihnen dann täglich drei- bis viermal in einem weiten Napf laue Milch vor, die nach einigen Tagen zweckmäßig mit Hafermehl, abwechselnd mit Gersten­mehl oder geriebenem Roggenbrot, versetzt wird. In den folgenden Wochen kann, zumal bei größeren Hunden, da­neben auch Brot und mageres Fleisch gereicht werden. An letzterem ist, wenn man auf rasches Wachstum der Tiere reflektiert (Bernhardiner, Doggen und so weiter), etwa vom dritten Monat ab nicht zu sparen. Je sorg­fältiger und reichlicher die Ernährung im ersten Jahre er­folgt, desto sicherer wird die Erreichung größtmöglichen Wachstums erzielt werden. Jedoch gewöhne man den Hund bald an bestimmte Mahlzeiten. Morgens genügt auch für die verwöhntesten Tiere etwas Milch mit Brot, mittags Suppe (Brühe mit Hafergrütze, Bruchreis, Knochenmehl oder zerstoßenen Kalbsknochen, Brot, zerbröckelten Hunde­kuchen und Küchenabfällen) und eine Portion Fleisch, die sür kleine Stubenhunde auf ein Minimum, für große Hunde, besonders im ersten Jahre, wie gesagt, auf ein Maximum (zwei bis drei Pfund) festzusetzen ist. Abends wie morgens alles in mäßig lauer Temperatur, ohne Fett und jegliches Gewürz, abgesehen von ein wenig Salz. Für Abwechslung ist dabei stets zu sorgen. Dagegen sehe man von Knochenfütteruug am besten ganz ab; höchstens lasse man bei größeren Hunden, und auch da nicht vor Ablauf des ersten Jahres, Kalbsknochen zu. Fisch­gräten sowie die leicht splitternden Wild- und Geslügel- kuochen sind Hunden niemals zu geben, ebensowenig harte Röhrenknochen (von Rind oder Hammel), da bei dem gierigen Benagen derselben nicht nur die Zähne leiden, sondern durch Ueberanstrengung der betreffenden Muskeln auch Triefaugen häufig die Folge davon sind. Als Vor­kehrungsmittel gegen Verstopfung gebe man dann und wann einen Löffel gutes Speise-Oel ins Futter, bei dringenderen Fällen zwei bis drei Löffel Rieinusol; da­gegen vermeide man durchaus alle andern Mittel, als Schwefelblüte, Seifenwasser und dergleichen.

Mehrmaliges Baden in der Woche ist den Hunden ebenso heilsam wie angenehm. Man kann es bei der Nähe eines Flusses uud bei trockenen: Wetter vom Mai bis tief in den Oktober fortsetzeu, sorge aber danach für rasches Abtrocknen durch Abreiben oder Springen- und Laufen- respektive Apportierenlassen auf benachbarten trockenen Rasen­plätzen. Man lasse die Hunde freiwillig ins Wasser gehen und zwinge sie nicht oder werfe sie gar hinein; man macht sie dadurch nur wasserscheu; dagegen Helfe man durch an­fangs nicht zu weit in den Strom hineingeworfene Stöcke oder Brötchen ihre Zaghaftigkeit besiegen. Bein: Waschen stets in lauen: Wasser mit Bürste vermeide man die Seife! Das Fell bleibt, besonders wein: diese Regel von Anfang an beobachtet wird, viel länger rein. Verfolgt man noch andre Zwecke, so setze inan lieber ein paar Löffel dreiprozentiger Karbollösung hinzu (die Augen dabei zu schützen!). *) Dasselbe Mittel wende mau auch beim Reinigen der Ohren an, besonders wem: das Tier durch häufiges Schütteln eine Affektiou derselben anzeigt.

Vor allem gewöhne man den Hund an sorgfältiges,

*) Nicht entschieden genug kann gegen die irrige und unwissen­schaftliche Meinung angekämpft werden, daß der Hundefloh (pulex eanis) Menschen lästig werde.

mindestens allwöchentlich vorzunehmendes Durchkämmen. Dasselbe beseitigt nicht nur die verfilzte Wolle mit einem großen Teil von Schmutz- und Staubteilei:, sondern stellt auch die Porosität der Haarbekleidung her, die das Tier die Hitze keines­wegs so empfinden läßt, wie es den Anschein haben könnte.

Viele Besitzer lassen langhaarige Hunde, besonders Pudel, in: Sommer scheren. Abgesehen davon, daß das Haar dadurch dicker und härter wird, bei Halbgeschorenen im Nachwachseu auch länger als das Vorderhaar, möchte ich die Anfrage au die Betreffenden richten, ob sie eben­sowenig Anstand nehmen würde!:, sich oder ihren Kindern Kopf und Hals zu bepacken, die unteren Extremitäten aber möglichst unbekleidet zu lassen? Sie würden jeden­falls mit der Antwort bei der Hand sein, daß dieses Verfahren den einfachsten Gesundheitsregeln widerspreche. Genau dasselbe gilt auch für das Tier. Man sollte meinen, daß das deutlich zur Schau getragene Unbehagen (um nicht zu sagen Schamgefühl) es vor einer Prozedur schützen müsse, die auch allen Schönheitsgesetzen Hohn spricht. Von der Unsitte, den Tieren Schwanz und Ohren zu stutzen, die sich leider bis auf unsre Tage erhalten hat, will ich gar nicht sprechen. Sie ist nur als eine grausame Verstümmelung zu bezeichnen, die das Tier weder schöner noch irgendwie tauglicher inacht.

Die Hunde sind recht empfindliche Tiere. Sie wissen eine freundliche Behandlung sehr wohl zu schätze,: und er­widern sie durch Dankbarkeit und Gehorsam. Zuneigung kann inan aber nur bei Gegenseitigkeit verlangen und er­warten. Ein Hund an der Kette wird zum wilden Tier und verliert auch seinerseits das Wohlwollen und die Liebenswürdigkeit, die ihm der Mensch bei einer solchen Behandlung vorenthält. Wie der Herr, so der Hund. Einei: guten Hund kann nur ein guter Mensch ziehen.

Man untersage aber auch seinen Angehörigen kleine Quälereien und Neckereien. Die Hunde sind nervöse Tiere. Vor allein hängt damit die sogenannte Hundekrankheit, die Laune oder Staupe, zusammen. Wenn auch deren Ursache noch nicht völlig erforscht ist und viele Fälle von Ansteckung herrühren, so ist doch auch gegen diese Krankheit das beste Vorbeugungsmittel eine ernste uud doch gütige und konsequente Behandlung. Ich kenne einen großen Hundepark, ii: dem nie ein Fall von Staupe vorgekommen ist. Dadurch wird eine ausgiebige Erziehung des Hundes keineswegs ausgeschlossen. Man vermeide aber dabei jede leidenschaftliche und rohe Züchtigung, helfe den: Tier vielmehr, über seine angeborenen Fehler hinweg» zukommeu, indem mau es zun: Beispiel anfangs nach eingenommener Mahlzeit an eine,: bestimmten Ort ii: den Hof bringt und bei Rückfällen sich damit begnügt, unter ernster Zurechtweisung seine Nase über nicht etwa in seinFehl" zu drücken; ebenso indem mau bei den übrigei: Kommandos:komm, leg dich, apport, setz dich, gieb!" und so weiter, es unter fortwährender Wiederholung des Befehls ruhig in die gewünschte Lage versetzt und dort durch Streicheln undso schön" belohnt. Welch angenehme Empfindung erwecken Herr und Hund, wein: letzterer auf den Ruf fröhlich wedelnd herbeigesprungen und mit seinen treuen, glänzenden Augen den Herrn fragend und er- l wartungsvoll anschaut, gegenüber dein peinlichen Eindruck, dei: beide gewähren, wenn das Tier auf den rauh hervor­gestoßenen Befehl mit eingezogenem Schwanz, scheu uud furchtsam herankriecht.

Möchte es mir gelungen sein, die Ueberzeugung zu i festigen, daß ein ruhiges Verständnis, eine nutzbringende ! Behandlung des Tieres nur auf einen gewissei: Grad von Achtung vor dem Tier gegründet sein kann, wie dein: schon ein altindischer Spruch lautet:Selig ist, wer alle Wesen achtet und keinem etwas zuleide thnt, weder durch Hand- - lungen noch in Worten und Gedanken." R. A.