Heft 
(1897) 09
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Ueöer Land und Weer.

Ein Sinn ist denselben nicht zn entnehmen. Professor Gatti hat nicht unrecht, wenn er den Herstellungsversuch Professor Marncchis gewagt und phantastisch nennt.

Das Gekritzel dehnt sich fast über die ganze Wand aus. Auch die Seitenwand ist zum großen Teile mit In­schriften bedeckt, und es kehrt unter denselben mehrfach der Name 6v68tu8 oder Oreseeiw wieder mit dem darunter gefetzten obscönen, mit den WortenHmsgna nreain" be­ginnenden Distichon.

Man sieht, die Sache ist nichts weniger als klar, und es scheint einstweilen gar manches gegen die Deutung zn sprechen, die Professor Maruechi sowohl der bildlichen Dar­stellung wie den Inschriften geben will. Der erwähnte italienische Gelehrte, der sich seit langer Zeit mit dem römi­schen Jnschriftenwesen befaßt und auf diesem Gebiete mehr als einen Erfolg zu verzeichnen hat, bereitet ein ausführliches Werk über seine Entdeckung vor, und dieses ist jedenfalls abzuwarten, bevor sich ein Ur­teil über die Stichhaltigkeit der von ihm ins Tressen geführten Gründe abgeben läßt. Einst­weilen haben wir geglaubt, unfern Lesern einen Dienst zn erweisen, indem wir sie mit dem thatsächlichen Material des hochinteressanten Streitfalles, soweit es sich einstweilen be­schaffen ließ, bekannt machten.

L. H.

Die Mnöekunst.

Von

Knstav Keick.

<^Mer denkt wohl, wenn MD Freudentage, Verlobung,

Hochzeit, oder auch traurige Tage duftige Blumenspenden in reicher Zahl ins Haus bringen, wer denkt dann wohl daran, sich weiter mit dem Wesen der Bindeknnst zu be­fassen? Wohl werden die künst­lerischen Blumenarbeiten mehr oder weniger bewundert, aber wie viel Arbeit und Mühe,

Kenntnis und Kunstsinn es er­fordert, eines dieser leider so schnell vergänglichen Kunstwerke zn schaffen, und welch wichtiges Glied in dem heutigen Kulturleben die Bindekunst überhaupt ist, davon haben wohl die wenigsten eine Ahnung.

Zu einer wirklichen Kunst ist die Bindekunst heute emporgestiegen, zn einer schönen, anmutigen Kunst. Der Bindekünstler braucht sich nicht mit kaltem, sprödem Stein oder mit Farben, Oel und Terpentin abzumühen, die bunten, duftenden Blumen, farbensatte Blätter und Zweige sind sein Werkstoff. Und der echte Künstler weiß sein duftiges Werk so zn gestalten, daß es eine gar köstliche Sprache zum Herzen redet und Freude und Liebe, Trauer und Trost ergreifend auszudrücken vermag.

Tie Blumen, die Blumen- und Laubgewinde stehen mit dem Leben der Völker aller Zeiten in engster Ver­bindung; dem römischen und griechischen Sieger winkte der Lorbeerkranz, der Aegypter bekränzte die Götterbilder mit

j der dem Osiris und der Isis geheiligten Lotosblume, und die ersten Christen schmückten die Grabstätten der Märtyrer mit Blumenkränzen und Pnlmzweigen. Bei den Bac- ! chanalien der Römer, bei den festlichen Umzügen der j Griechen, bei den.Frühlingsfeiern der Germanen und den ! kirchlichen Festen des Mittelalters, überall wurden Blumen- und Laubgewinde zur Erhöhung der Freude und der Feier in reicher Menge verwendet. Besonders bei den Bacchanalien der Römer wurde der Blumenschmuck bis zur größten Verschwendung verwendet. Die Bacchanten und die be­dienenden Knaben und Sklaven schmückten sich mit Wein- ! und Epheuranken, oftmals ruhten die Tafelnden auf einem ^ Ruhebett ans lauter Rosenblättern, oder ein Rosenregen

ergoß sich über die Festtafel und die darum Ruhenden. Es ist bekannt, daß bei einem Gastmahl des Nero für 600 000 Mark Rosen verwendet wurden.

Wenn nun auch heute eine solche Verschwendung nicht mehr getrieben wird, so werden den­noch ungeheure Summen, die sich aber inehr unter die ver­schiedenen Klassen der Bevölke­rung verteilen, für Blumen­schmuck ausgegeben, dabei wird aber auch ein viel ästhetischerer und künstterischercr Schmuck ge­schaffen.

Wenn heute eine Nen- züchtung in Blumen erscheint, so wird zuerst ihr Wert als Schnittblnme geprüft, wie denn ein großer Teil der Handels- gärtner sich vorwiegend mit der Kultur von Schnittblumen und Bindegrün besaßt. In den Wintermonaten gelangen eine Unmenge von Blumen ans Italien und dem südlichen Frankreich zu uns herüber, so daß ganz ansehnliche Summen durch die Bindekunst in Um­lauf gesetzt werden und Tau­sende und Abertausende ihr Brot dabei verdienen.

Natürlich wird auch die Bindekunst von der Mode be­herrscht, und wenn auch fast alle Blumen, die sich in Farbe und Form zu dieser Verwendung eignen, zur Verarbeitung ge­langen, so werden doch immer einige Arten mehr oder weniger von der Mode begünstigt. Keine Blume ist zn kostbar, um als Werkstoff für eine Blnmen- znsammeiistellung zu dienen, und wenn früher die Blüte einer tropischen Orchidee als ein kleines Blumenwunder angestaunt wurde, so sehen nur jetzt ganze Sträuße dieser seltsamen Blüten in den Blumenarbeiten. Die Nachfrage nach Orchideen ist sehr groß, und es giebt Züchter, die besondere Häuser zur Schnittgeminnung derselben anlegen. Früher hielt man die Kultur der tropischen Orchideen für überaus schwierig, und ist dies bei einigen Sorten auch wirklich der Fall, bei vielen aber bereitet dieselbe doch nicht so sehr- große Schwierigkeiten, obgleich eine genaue Kenntnis der Kultnr der verschiedenen Arten durchaus erforderlich ist.

Wunderbar schön sind auch die tropischen und sub­tropischen Seerosen, in Form unsrer herrlichen weißen See­rose (Xznwplwea, aldn) gleich, aber in den zartesten bunten

Unterirdischer Gang, in dein das Bild sich befindet.