Heft 
(1897) 11
Seite
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Uelicr Land und Weer.

stapelschen Lehrmethode diesen Ernst des Glaubens arg vernachlässigt."

Dnbslav wiegte den Kopf hin und her und hätte trotz allen Respekts vor dem Vertreter einer kirchlichen Behörde wahrscheinlich ziemlich scharf und spitz geantwortet, wenn ihm alles, was er da hörte, nicht auch gleichzeitig in einem heiteren Licht erschienen wäre. Krippenstapel, sein Krippenstapel, der den alten Fritzen so gut wie den Katechismus, aber den Katechis­mus auch reichlich eben so gut wie den alten Fritzen kannte, Krippenstapel, sein großartiger Bienenvater, sein korrespondierendes Mitglied märkisch-historischer Vereine, die Seele seinesMuseums", sein guter Freund, dieser Krippenstapel sollte denErnst des Glaubens" verkannt haben, bei ihm sollte der Seminaristenhochmut zu gemeingefährlichem Ausbruch gekommen sein. Unsinn. Wohl entsann er sich, was ihn in diesem Augenblicke verstimmte, gelegent­lich ganz ähnliches gesagt zu haben. Aber doch immer nur scherzhaft. Und wenn zwei dasselbe thnn, so ist es nicht mehr dasselbe. Traf dieser Satz je zu, so hier. Er erhob sich also mit einiger Anstrengung von seinem Platz, ging auf Koseleger zu, schüttelte ihm die Hand und sagte:Herr Super­intendent, so wie Sie's da sagen, so kann es nicht sein. Von richtigen Altlutheranern giebt es hier überhaupt nichts, und am wenigsten in Globsow; die glauben sozusagen gar nichts. Ich wittere da was von Jntrigue. Da stecken andre dahinter. Bei meinem alten Baruch ist der Pferdefuß 'rausgekom­men, aber bei meinem alten Krippenstapel ist er nicht 'rausgekommen und wird auch nicht 'raus­kommen, weil er überhaupt nicht da ist. Meinen alten Krippenstapel, den kenn' ich."

Koseleger, Weltmann, der er war, lenkte rasch ein, sprach von Konventiklerbeschränktheit und gab die Möglichkeit einer Jntrigue zu.

Natürlich wird es einem schwer, in diesen: Erdenwinkel an derlei Dinge zu glauben, denn ,Jntrigue'- zählt ganz eminent zu den höheren Kultnr- formen. Jntrigue hat hier in unsrer alten Graf­schaft, glaub' ich, noch keinen Boden. Aber andrerseits ist es freilich wahr, daß heutzutage die Verwerf­lichkeiten, ja selbst Verbrechen und Laster, nicht bloß mehr im Gefolge der Kultur anstreten, sondern umgekehrt ihr voranschreiten, als beklagenswerte Herolde falscher Gesittung! Bedenken Sie, was wir neuerdings in unfern Provinzen erlebt haben. Allerdings am Aequator. Die Zivilisation ist noch nicht da und schon haben wir ihre Greuel. Man erschaudert, wenn man davon liest, und freut sich der kleinen Verhältnisse, drin der Wille Gottes uns stellte."

Nach diesen Worten, die was von einem guten Abgang hatten, erhob sich Koseleger, und der Alte, seinerseits seinen Arm in den des Superintendenten einhakend,um sich", wie er sagte,auf die Kirche zu stützen", begleitete seinen Besuch bis wieder aus die Rampe hinaus und grüßte noch mit der Hand, als der Wagen schon über die Bohlenbrücke fuhr. Dann wandte er sich rasch, an Engelke, der neben ihm stand, und sagte:Engelke, schade, daß ich mit

dir nicht wetten kann. Lust hütt' ich. Heute kommt noch wer, du wirst sehn. Eine Woche lang läßt sich keine Katze sehn, aber wenn unser Schicksal erst mal zu 'nein Entschluß gekommen ist, dann kann es sich auch wieder nicht genug thnn. Man gewinnt dreimal das große Los oder man stößt sich dreimal den Kopp. Und immer an derselben Stelle."

«-

Es schlug zwölf, als Dnbslav vom Portal her wieder den Flur passierte. Dabei sah er nach dem Hippenmann hinauf und zählte die Schläge.Zwölf. Und um zwölf ist alles ans und dann fängt der neue Tag an. Es giebt freilich zwei Zwölfen, und die Zwölf, die da oben jetzt schlägt, das is die Mittagszwöls. Aber Mittag!... Wo bist du Sonne geblieben!" All den: weiter nachhängend, wie er jetzt öfter that, kam er an seinen Kaminplatz und nahm eine Zeitung in die Hand. Aber er sah kaum draus hin und beschäftigte sich, während er zu lesen schien, eigent­lich nur mit der Frage,wer wohl heute noch kommen könne", und dann abwechselnd an Kose­leger und Krippenstapel und zuletzt auch an Lo­renzen denkend, kam er zu dem Endresultat, daß ihm Lorenzenmit all seinem neuen Unsinn" doch lieber sei als Koseleger mit seinen Heilsgüteru, von denen er wohl zwei- dreimal gesprochen hatte.Ja, die Heilsgürer, die sind ganz gut. Versteht sich. Ich werde mich nicht so versündigen. Die Kirche kann was, is was, und der alte Luther, un der war auch was, weil er ehrlich war und für seine Sache sterben wollte. Nah' dran war er. Eigentlich kommt's immer bloß darauf au, daß einer sagt,

,dafür sterb' ich'. Und es dann aber auch thut. Für was es is, is beinah' gleich. Daß man überhaupt so was kann, wie sich opfern, das ist das Große. Kirchlich mag es ja falsch sein, was ich da sage; aber was sie jetzt ,sittlich' nennen (und manche sagen auch ,sthönheitlich', aber das is ein zu dolles Wort), also was sie jetzt sittlich nennen, so bloß aus das hin angesehn, da is sich einsetzen und für was sterben das Höchste. Mehr kann der Mensch nich. Aber Koseleger. Der will leben."

Und während er noch so por sich hin seinen Faden spann, war sein gutes altes Faktotum ein­getreten, an das er denn auch ohne weiteres und bloß zu eignen: Ergötzen die Frage richtete:Nich wahr, Engelke?"

Der aber hörte gar nichts mehr, so sehr war" er in Verwirrung, und stotterte nur aus sich heraus: Ach Gott, guäd'ger Herr, nu is es doch so gekommen."

Wie? Was?"'

Die Frau Gemahlin von unser:: Herrn Ober­förster ..."

Was? Die Prinzessin?"

Ja, die Frau Katzler, Durchlaucht."

Alle Wetter, Engelke... Da haben wir's. Aber ich habe es gesagt, ich mußt' es. Wie so 'n Tag ansängt, so bleibt er, so geht es weiter. . . Und wie das hier durcheinander liegt, alles wie Kraut und Rüben. Nimm die Zudecke weg, ach was Zudecke, die reine Pferdedecke; wir müssen eine andre haben. Und nimm auch die grünen