Die peripheren Regionen leiden vor allem im Norden und Nordosten heute unter Entleerungsprozessen. Der verbleibende Teil der Bevölkerung, meist alte Leute, wird von der Politik weitgehend vergessen. Ohne finanzielle Unterstutzung und funktionierende Institutionen in Gesundheitswesen und Bildung bleiben ihnen nur familiäre Netzwerke, um die Situation zu meistern.
Diese Tendenz der Binnenmigration Albaniens in Richtung der Hauptstadtregion hat sich seit 2000 abgeschwächt. Seitdem in 2001 erstmals um 10% weniger Binnenmigranten in die Hauptstadtregion kamen als im Vorjahr(INSTAT 2004, S. 26), hat sich dieser Trend fortgesetzt. Dazu sind folgende Gründe zu nennen:
— Die Hauptstadtregion ist nach zehn Jahren der Zuwanderung so überfüllt, dass es schwierig ist, ein freies Grundstück oder einen Bauplatz zu finden.
— Die Kosten der Abwanderung bzw. Zuwanderung sind gestiegen. Obwohl der Anteil potenzieller Migranten unter der verbliebenen Bevölkerung, v. a. in Nord- und Nordostalbanien, immer noch sehr hoch ist(58,5% in Distrikt Tropoja; 49,6% Puka; 46,4% Dibra) (GÖLER 2005, S. 129), können sich die meisten Familien dieser Regionen die Abwanderung nicht mehr leisten.
— Obwohl Tirana attraktiv und der beste Hoffnungsträger für viele Zugewanderten bleibt(vgl. HELLER, DOKA, BERXHOLI 2004), spricht man heute aber auch über die Enttäuschung, die viele Personen und Familien empfinden. Ihre Lebensumstände haben sich am neuen Wohnort nicht verbessert. Manche stehen sogar vor der Frage, ob sie in ihren Herkunftsort zurückkehren müssen. Das ist bis heute zwar nur selten passiert, aber diese Meinung hat Einfluss auf andere Bewohner der Peripherieregionen, die auch abwandern wollen, sich dies nun allerdings gut überlegen(Auskunft durch den Leiter des Stadtbezirks 11 in Tirana, Interview im September 2004).
Unter diesen neuen Bedingungen hat in den letzten Jahren eine andere Tendenz dominiert, nämlich die Abwanderung von Geschäftsleuten aus kleinen Städten und Dörfern der Peripherie in Richtung der Großstädte, vor allem nach Tirana und Durres. Diese nehmen mit ihren Familien auch ihr Kapital mit, was einen großen Verlust für die Herkunftsregionen und einen Gewinn für die Hauptstadtregion bedeutet. Die Hauptgründe für diese Abwanderung der Geschäftsleute sind deren fehlende Perspektive angesichts sinkender Kaufkraft im Herkunftsgebiet. Ca. 40% der abgewanderten Geschäftsleute schlie
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