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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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des Rheines, und kaum hatten dieſe ſich dort angeſiedelt, als fie ihre eroberungsſuͤchtigen Blicke nun nicht mehr bloß nach dem Süden, ſondern ruͤckwarts nach dem Norden wandten und damit jene Politik begannen, welche auf die Geſtaltung des jetzi­gen Europaͤiſchen Staatenſyſtems einen weſentlichen Einfluß ge: aͤußert hat: jene Politik, nach welcher ſie die Grenzen ihres Reiches hierherwaͤrts erweiterten; jene Politik, welche nachmals die Deutſchen dazu vielfältig gereizt von den alles Voͤlker recht verhoͤhnenden Slaven aufnahmen und fortſetzten, und welche es endlich herbeifuͤhrte, daß Brandenburg eintrat in die lichten Regionen der Geſchichte. Bald naͤmlich hielt der Rhein die Franken nicht mehr auf: das mittlere Germanien wird ihre Beute, ſie ſelbſt Nachbarn des Slaviſchen Volkes(um 530)). Da entwickelt ſich allgemach zwiſchen beiden ein geſpanntes, ein feindſeliges Verhaͤltniß: die Wenden laſſen es nicht an Beleidi gungen fehlen, an kecken Einfaͤllen in das Fraͤnkiſche Gebiet. Solches mußte beſtraft werden, und ſo entſpinnt ſich auf der ganzen Linie der weit hingeſtreckten Grenzen ein ernſthafter, hitzi­ger, oft unterbrochener und eben ſo oft erneuerter Kampf, in welchem die Slaven, trotz ruhmvoller Tapferkeit, doch meiſt den kuͤrzern ziehen. Bis zur Mittelelbe her waͤlzt ſich der Kampf erſt gegen Ende des Sten Jahrhunderts, nachdem der maͤch tige ‚König der Franken, Karl der Große(768 bis 814), die Sachſen zwiſchen der Weſer, Elbe und Saale bezwungen und ſein Reich auch im Norden zum Nachbarreiche der Wenden gemacht hatte(780). Gelegenheit zum Kriege fand ſich bald: die diesſeit des Elbſtrom;es wohnenden Slaven hatten den Sach­ſen gegen Karl Beiſtand geleiſtet; ſchon deswegen grollte er ihnen. Uberdem hörten fie nicht auf, ſein Gebiet durch Einfaͤlle zu belaͤſtigen, durch Plünderungen zu verheeren. Beſonders wa ren die Wilzen(2), in ihrer eigenen Sprache Welataber genannt, ſie wohnten der Altmark gegenüber im hohen Grade frech.

Vgl. Palacky a. a. O. S. 73.

2) Auch dies if nur ein genereller Name der Wenden auf dem rechten Ufer der Elbe überhaupt. Die Schriftſteller des 19ten und Iten Jahrhunderts ſagen dafür Luitizier. S. v. Raumer S. 10. Nr. 31