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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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verkauft, Wenden als Bewohner des(kleinern) Domkiezes, der zur rechten Hand liegt, wenn man von dem Kloſter des Capi­tels(der heutigen Ritterakademie) nach der Neuſtadt geht. Den

zufolge darf man die Worte Eghards(1), nach welchen Albrecht er Bär 1157 die Slaven aus Brandenburg vertrieben und feine

d Leute dafuͤr in die Stadt gelegt habe, nicht allgemein nehmen und etwa auch von den friedlichen Bewohnern der Feſte verſtehen; vielmehr wird man ſie ſo zu deuten haben: Albrecht vertrieb den Jazco und deſſen Anhang und beſetzte alsdann den Platz mit ſeinen Deutſchen Soldaten; die ruhigen Einwohner ließ er nach wie vor im Beſitze ihres Eigenthumes.

Welche bürgerliche Verfaſſung dieſe Wenden in Brandenburg gehabt haben, daruͤber laſſen uns die Quellen völlig. im Dunkeln; daß fie ſich meiſt von Fiſcherei naͤhrten, if wahrſcheinlich. Denn auf dieſe Art von Lebensunterhalt waren fie durch ihren Wohn ſitz beſchraͤnkt, durch die Havelinſel, welche, von nur geringem Umfange, zu Ackerbau gar keine Gelegenheit darbot. Dies zeigt ſich ſelbſt noch heut zu Tage; denn die Haͤuſer auf dem Dome find dem größten Theile nach urſpruͤnglich bloße Fiſcher haͤuſer geweſen, Koſſaͤthenwohnungen ohne Landbau, ohne Beſitz von Hufen. Auch deutet auf jenen Nahrungszweig der Name hin, welchen noch jetzt die beiden(einzigen) Straßen dieſes Thei les unſerer Stadt führen: fie heißen nämlich der große und der kleine Domkiez. Das Wort Kiez aber, hoͤchſt wahrſcheinlich nicht Wendiſchen, ſondern Deutſchen(Niederlaͤndiſch- oder platt-deut­ſchen) Urſprungs(2), bedeutet ein Dorf oder eine Straße, wo

1) Bei Konnerus. S. FEecard. T. II. p. 704. ad A. 1157, Vgl. v. Raumer's Reg. J. S. 209.

2) S. das noch immer ſchaͤtzbare»Teutſch⸗Lateiniſche Lexicon« von Friſch. J. Th. S. 514. Das Wort Kiez hängt zuverlaͤſſig mit dem provinziellen Deutſchen Worte Kieze, ein Weidenkorb, und Keut, Keutel, d. i. ein in der Mitte einer Wate befindlicher Sack, in wel­chem ſich die Fiſche fangen, zuſammen. Die Saͤchſiſchen und Nie derlaͤndiſchen Koloniſten, welche bekanntlich zu Albrechts des Baͤren Zeiten hier in fo großer Menge einwanderten, mögen dieſen Ausdruck mitgebracht haben. Er iſt hier in der Mittelmark fo gewohnlich, daß kaum ein an einem fiſchreichen Waſſer belegener Ort exiſtirt, wo es nicht eine oder mehrere Straßen dieſes Namens gaͤbe. Vgl. Riedel: