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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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Mochte nun auch anfangs den Canonicis in dem unchriſtli­chen Orte die kleine Kirche genügen: gewiß nicht auf die Länge der Zeit; namentlich war ſie fuͤr eine biſchoͤfliche Kathedrale viel zu unbedeutend. Uͤberdem ſollten ja nach Wilmar's Beſtimmung die Stiftsherren Canonici regulares ſein, d. h. ungetrennt bei und mit einander wohnen, in einem einzigen kloͤſterlichen Ge baͤude, nach einer und derſelben Norm, gemeinſchaftlich mit ein­ander leben, ſpeiſen, ſchlafen, beten, den Gottesdienſt begehen u. ſ. w. Dazu aber war ein beſonderer Bau noͤthig: eine Art Kloſter, wo fie, abgeſchieden von der Welt, ungeſtoͤrt ihren from­men Übungen obliegen konnten. Zur Errichtung eines ſolchen wies ihnen Biſchof Wilmar auf der noͤrdlichen Seite der Havel inſel, wo die Brandenburg gelegen,(welcher Theil dieſer Feſte ſchon ſeit dem Jahre 919 nach den Beſtimmungen Otto's des Großen der biſchoͤflichen Kirche als Eigenthum gehörte(1),) einen Platz an(2), den abgelegenſten, mitternaͤchtlichſten, eben den, auf welchem jetzt die Ritterakademie, die zum groͤßten Theil noch aus jenen Kloſtergebaͤuden beſteht, und die Domherren­Curien liegen. Hier ward das Stift gebauet mit ſeinen ſchoͤnen Bogenhallen im Erdgeſchoſſe und feinen gewoͤlbten Kreuzgaͤngen, erſt hineingearbeitet worden ſei mittelſt des Meißels, wage ich nicht zu entſcheiden. Jedenfalls iſt ſie ſpaͤter als die Kirche ſelbſt.

S. oben S. 40.

Vgl. Gercken S. 366. Zu dieſem Platze gehörte auch der Raum, welcher das Kloſter unmittelbar umgab(vgl. Gercken S. 419, wo die Grenzen genau bezeichnet ſind), der ſpaͤter mit einer Mauer um­geben wurde, von der ſelbſt gegenwärtig noch hin und wieder Reſte Übrig find. Bei dieſer Gelegenheit wollen wir wieder auf jene ver­meintliche Burg oder das Schloß Brandenburg zuruͤckkommen, wel­ches Heinrich I. oder Otto der Große beſeſſen haben fol. Man zeigt ſogar den Platz, wo dieſes Schloß geſtanden habe, der nach Zer­fiörung der Burg durch die Wenden davon ſagt die Geſchichte nichts! nachmals, ohne daß man genau wuͤßte, wann? in den Beſitz des Domeapitels übergegangen wäre, Aber von dieſem Allen iſt in den Urkunden, und doch find fie ſonſt fo ſpeeiell! auch nicht die Spur. Das Wahre an der Sache iſt: es hat nie ein Schloß Brandenburg gegeben(vgl. oben S. 31. Not. 3. S. 83. Not. 1.) jene Sage oder wahrer geſprochen: jene Vermuthung fruͤherer Hiſto­riker iſt rein ein Phantom.

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80.