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Anlangend endlich die fo hoͤchſt ſehenswuͤrdigen allegoriſchen Darſtellungen an dem aͤußern weſtlichen Portale, fo koͤnnte man wiederum bedenklich werden theils durch das Eigenthuͤmliche und Sinnreiche der Allegorie und durch die Schoͤnheit der Formen, theils durch die neuerdings von Arnold(1) aufgeſtellte Vermuthung(2), nach welcher der Dompropſt von Burgsdorf, auf deſſen Anordnung die Fenſter, Stühle und Thüren der Kirche im Jahre 1618 ausgebeſſert und ſchoͤn verziert worden, auch jene Schlußſteine über den Eingang habe einſetzen laſſen und zwar aus Unmuth, daß die aus dem Gottesdienſte bereits verbannt geweſene Lateiniſche Sprache in Folge des Weſtphaͤliſchen Friedensſchluſſes habe wieder eingeführt werden muͤſſen. Allein ers ſtens erſcheint in der Annahme die Spitze des vermeintlichen Sarcasmus überaus ſtumpf: man ſieht gar keine Beziehung zwiſchen dieſem Zwecke und dem Bilde. Sodann gewahrt das Auge an dem Gemaͤuer auch nicht die geringſte Spur von ſpaͤterer Einfügung. Drittens find ja ſolche Darſtellungen, ſolche Embleme an den Kirchen aus dem Mittelalter gar nichts Ungewoͤhnliches. Endlich giebt es über die Sache noch eine Vermuthung, noch eine Legende, die Älter iſt. Nach derſelben ſoll das Ganze eine Satyre auf das Moͤnchsweſen ſein: der Baumeiſter der Kirche habe das Bildwerk aus Rache wegen zu geringer Bezahlung in der Nacht vor ſeiner Flucht gefertigt(2). Allein auch dieſe Erklärung iſt ungenügend. Das Ganze kann gar keine Satyre ſein, iſt vielmehr eine Allegorie. Betrachten wir die Sache näher! Diejenige Sculptur, welche dem in das Portal Eintre= zur Linken iſt, beſteht aus acht verſchiedenen, auf einan
der folgenden, von Oſt nach Weſt zu fortlaufenden, mit einanö. in Connex ſtehenden Feldern und aus eben ſo vielen Darſtellungen. Die erſte gibt, wie der Fuchs, angethan mit einer Moͤnchskutte, in einem Buche(im Evangelio oder im Meßbuche) lieſet; die zweite, wie er aus dieſem Buche drei oder vier Gaͤnſen etwas vortraͤgt; die dritte, wie er heimtuͤckiſch lauernd um
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) In der Schrift über Domſtifter 16, S. 132 ff 2) Nicht Sage, wie es in dem Progr. von Schulte heißt S. 40. 3) S. Arnold a. a. O.