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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
Entstehung
Seite
155
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Stift ſelbſt verbunden geweſen ſei, laßt ſich nicht erweiſen, ob­wohl ſonſt geiſtliche Inſtitute von dieſer Laſt nicht frei zu ſein pflegten(é), falls ihnen nicht die Exemtion ausdrücklich er­theilt war.

Die Burgergemeinde Brandenburg(Ceivitas Brandenburg) ſcheint damals nicht bloß die freien Deutſchen Bewohner der Burg umfaßt zu haben ſondern auch die des Dorfes Parduin. Ja hier, wo z. B. der markgraͤfliche Zoll ſich befand(*), wo mithin herrſchaftliche Beamte wohnten, und wo größerer Ver­kehr war; wo ferner die beſchraͤnkenden Verhaͤltniſſe mit dem Stifte nicht fo druckend fein konnten, hierhin mußten ſich die freien Burger mehr gezogen fühlen, Parduin mußte bald der Mittelpunkt der Gemeinde werden, um ſo mehr, als ſich im Jahre 1170 Otto J. um dieſelbe ein großes Verdienſt erwarb, das der Altſtadt bis in die ſpaͤten Zeiten zu Gute gekommen iſt: er gab ihr nämlich die Zollfreiheit im Bereiche ſeiner Marken. Zwar hatten die Burger von Brandenburg ſchon 1151 durch Albrecht den Bären dieſe Freiheit in dem eben er­bauten Stendal erhalten(2), aber nur in dieſer Stadt und allein um Stendals willen, um die neue Stadt emporzubringen, nicht eigentlich zu Nutz und Frommen Brandenburgs. Jetzt ward die Verwilligung ausgedehnter. Der Hergang aber der Sache war folgender(2): Der Markgraf hielt im genannten Jahre eines Tages auf ſeiner Burg Havelberg Bodding(5), d. h. einen allgemeinen Landtag, auf welchem nicht bloß Strei­tigkeiten geſchlichtet, Verbrecher beſtraft, ſondern auch Bittſtel­ler angenommen zu werden pflegten, deren Anträge dann vom Fürften mit feinen Baronen berathen wurden. Bei dieſer Gele­

1) So z. B. das Kloſter Lehnin.

2) Vgl. oben S. 152,

3) S. von Raumers Reg. J. S. 198. No. 117.

) S. die aͤlteſte ſtaͤdtiſche urkunde vom Jahre 1170. Diplomatiſch ge­nau abgedruckt in von Ledeburs N. Archiv. J. Bd. V. H. S. 45 f.

) Dieß Wort kommt her von bieten(laden, vorladen) und Ding(Ge­richt). Ein Bodding iſt alſo eigentlich ein allgemeiner Gerichtstag, zu welchem ein Jeder entboten oder vorgeladen wurde. Vgl. Rie­del II. S. 79 ff. 443 ff. 469.