Druckschrift 
Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
Entstehung
Seite
339
Einzelbild herunterladen

339

Jetzt(d. h. 1576) wurde beim Stifte der Gebrauch einge­führt, daß nur Adlige unter die Domherren aufgenommen wer­den ſollten. Seitdem war zur Erlangung einer Stelle ein Zeug­niß erforderlich, welches von 4 Edelleuten beſchworen werden mußte, daß der Aufzunehmende von 32 Ahnen abſtammte()).

Als um dieſe Zeit in den Niederlanden der Aufſtand gegen Philipp II. ſich erhob, und Tauſende ſich vor den grauſamen Maaßregeln des bigotten Königs fluͤchteten, kamen mehrere dies ſer Ungluͤcklichen auch nach der Mark, auch nach Brandenburg. Es waren zum großen Theil Tuchmacher. Zur Aufnahme ihres Gewerbes erlaubten ihnen die Magiſtraͤte in beiden Städten, gegen einen jährlichen Kanon von 7 Pfund Pfennigen(4 Thlr. 20 Sgr.) eine neue Walkmuͤhle zu bauen und unterſtuͤtzten ſie zum Bau mit Holz aus ihren Forſten, verſprachen auch kuͤnftig desgleichen zu den Reparaturen zu liefern.

Im Jahre 1580, den 30. October, entſtand ein Sturmwind und, wie man ſagen wollte, ſogar ein Erdbeben(2). Es war ein fo furchtbares Naturphaͤnomen, daß nicht Wenige den jüng­ſten Tag erwarteten. Unter den Schaͤden, die es in unſerer Stadt anrichtete, war der verhaͤngnißvollſte, daß der St. Ka­tharinenthurm einige große und bedenkliche Riſſe bekam. Der Magiſtrat ließ dieſelben beſichtigen; aber kein Sachverſtaͤndiger wußte ein paſſendes Mittel vorzuſchlagen, das Gebaͤude zu er­halten. Im Frühling des folgenden Jahres ließ man die Spal­ten mit Kalk ausfuͤllen und befahl den Kuͤſtern, bei der Kirche fleißig Acht zu haben, ob dergleichen wieder entſtuaͤnden. Es waͤhrte bis zum Donnerstag nach Reminiſcere 1582, als ploͤtz­lich die Küfter anzeigten, die Fugen wuͤrden wieder ſichtbar, und zwar in beunruhigendem Grade. Eine Beſichtigung ergab die

Wahrheit und erfüllte Alles mit Entſetzen. Man ließ das Loth

) S. von Rochow S. 42. Dergleichen Zeugniſſe ſind noch jetzt vom oben genannten Jahre an im hieſigen Stiftsarchiv vorhanden.

2) S. Beumichens wahrhaft. und gründlichen Bericht 26, Wittenberg, 1582, wieder aufgelegt Brandenburg 1726. 4. Daneben eine gleich­zeitige handſchriftl. Nachricht in einem alten Rechnungsbuche vom J. 1576 ff. Garcaeus de Brandenburgo p. 346. Leutinger p. 761.

Gottſchling S. 76 ff. Engel's Chronik S. 390 f. 22*