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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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beſetzt, und die Angeſtellten friſteten ſich nur mit Mühe das Leben. In dem Kirchenbuche des Dorfes Neuendorf, des Filiales der Gotthardskirche, ſteht aus dieſer Zeit bemerkt, wie der da­malige Quintus am Lyceum der Altſtadt das Kuſteramt in dies ſem Dorfe mit verwaltet habe, nur um nicht Hungers zu ſterben, weil ihm ſeine Beſoldung als Gymnaſiallehrer nicht ausgezahlt wurde. Ein anderer gl. Bericht(2) meldet vom nahen Städtchen Plaue:Der Pfarrer, Diakonus, Schulmeiſter und »Organiſt mlıffen um ihr eigen Geld ſich armfelig erhalten und »ſich bei Andern vermiethen. Und bekümmert ſich die Obrigkeit wenig um den Schaden Joſephs. Der Pfarrer allhier iſt ein armer abgebrannter, ausgeplünderter und elender Mann. Er ſoll » zwar haben fo und fo viel Wispel Korn u. ſ. w.; dieweil aber »die Dörfer veroͤdet, die Kirchen darniederliegen, die Bauern »zum Theil abgeſtorben, zum Theil davon gelaufen, und alſo »die Guter ganz verwüſtet find, ihm auch ein Bauer mit 66 Thlr.

davon gegangen, ihm ſelber die Kraͤfte mangeln und auch die »Armuth im Städtlein und in den Dörfern ſehr groß iſt, daß »lauter Wehklagen und Hungersnoth auf allen Gaſſen gehört wird, und der Pfarrer auch als ein verlaſſener Mann curiren »und miseriam ſchmelzen(Hunger und Kummer leiden) muß, »ſo iſt ſeine Noth ſehr groß. Dem Diakonus bleibt auch Alles aus, und er muß ſich jetzt mit Fiſchfuhren ernähren, Der »Schulmeiſter und Organiſt quaäſtioniren(mahnen um ihren Ge­»halt) ohne Unterlaß. Vor Zeiten war allhier eine freie Schule, »zwei Collegen und ein Organiſte, und ging Alles ordentlich und »decent, jetzo aber ſiehet Alles verkehrt aus. Wie wird es unter dieſen Verhaͤltniſſen erſt dem Bürger, dem Handwerksmann ergangen fein! Selbſt beim größten Fleiße, beim ernſteſten Willen ſich und feine Familie ehrlich zu ernähren, wird er in Kummer, in Sorgen gelebt, mit Noth und Elend gerungen haben. Eine ſolche Geißel war der damalige Krieg! Und wie Viele wurden durch anſteckende Krankheiten weggerafft! Manche Innungen ſtarben ganz aus; manche gingen auseinander. Und trotz dieſer furchtbaren außergewoͤhnlichen Noth ſollte, mußte der arme ge­

3. Brandenb. Anzeiger. 1811. St. 81. S. 326.

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