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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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Rathhausthurm(I). 1669 wurde der Thurm der Domkirche gebauet. Der Adel indeſſen, der ſich vor dem Kriege ſonſt ſo zahlreich hier niedergelaſſen und ſo viel zur Verſchoͤnerung und zur Wohlhabenheit der Stadt beigetragen hatte, blieb ſeitdem weg, zu nicht geringem Verluſte der hieſigen Einwohner. Als einen wichtigen Beitrag zur Geſchichte der Eultur aus dieſer Zeit erwähnen wir noch, daß im Jahre 1665 die erſte Buchdruckerei hieſelbſt durch einen gewiſſen Matthias Muller errichtet wurde(*).

Ein Vierteljahrhundert war unſerm Brandenburg in Frieden verfloſſen; die Wunden, die jener beiſpielloſe 30⸗jaͤhrige Krieg geſchlagen hatte, waren zum großen Theile verharrſcht, da fängt der ſtolze und laͤnderſuͤchtige Ludwig XIV. an, feine Minen gegen unſer Deutſches Vaterland ſpielen zu laſſen, und als ihm keiner der Germaniſchen Furſten kräftiger entgegentritt, als unſer Frie­drich Wilhelm, ſo hat er nichts eiliger zu thun, als ihm einen 8

Feind zu erwecken, der ihn vom Schauplatze des Krieges am Rheine entfernte. Die Schweden ſind es, einſt Verbündete des

Kurfuͤrſten, die ſich durch Subſidiengelder des Franzmannes ver locken laſſen, 1671 in die von Truppen entblößte Mark einzu­fallen, ſo lange der greiſe Feldmarſchall Wrangel ſie commandirt, ſtrenge Mannszucht haltend, als dieſer Kraͤnklichkeitshalber die Führung der Truppen abgibt, ſich der zügelloſeſten Raubgier, den abſcheulichſten Erpreſſungen hingebend(2). So übel berüch­tigt nahen fie ſich im Fruühlinge 1675 dem Havelſtrome, um hier bei ihren Operationen einen ſichern Halt zu haben. Es war ge­rade der heilige Pfingſtabend(7, als der Ruf hierher drang, die Schweden hätten den Paß bei Fehrbellin forcirt und konnten alſo in 8 Stunden in Brandenburg ſein. Schrecken und Weh­klagen verbreitete ſich durch die Stadt. Am Pfingſtmorgen ſahe

) Die Schrift im Thurmknopfe beſagt dieß: ſie iſt gedruckt im Bran­denb. Anz. 1810. No. 94.

2) Nach handſchriftlichen Nachrichten.

Vgl. Stenzel a. a. D. S. 338 ff. 348. Ihn habe ich beſonders bei der obigen Schilderung zu Grunde gelegt, dabei aber auch manche Einzelheiten, die beſonders auf Brandenburg Bezug haben, anzu führen nicht unterlaſſen, welche Stenzel's Beſchreibung beſtaͤtigen.

) Dieß nach dem gleichzeitigen Berichte Fromme's 4. 4. D. S. 74 ff.

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