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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
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409 24. October Abends es war ein Donnerstag beim St. An= nen- und beim Steinthore 30 Franzoſen zu Pferde: reitende Jaͤ ger waren es, abgeſchickt um die Gegend zu recognoſciren. Ein Officier mit 18 Mann kam in die Stadt ſich zu erkundigen, ob Preußiſche Beſatzung hier laͤge. Als man ihm dieſes verneint hatte, durchſtreiften ſie, um ſich von der Wahrheit zu uͤberzeu gen, die Straßen und meldeten dann auf den folgenden Tag die Ankunft des Bernadottiſchen Corps an und befahlen die noͤthi gen Requiſitionen zu veranſtalten, damit es an nichts mangelte. Darauf erhielten ſie einige Erfriſchungen und ein Geſchenk, und fo zogen fie wieder ab. Nun hatte man in der Stadt nichts Eiligeres zu ſchaffen, als ſich auf die Bewirthung ſo vieler frem den Gaͤſte vorzubereiten, die man am eheſten glaubte dadurch zu beguͤtigen, wenn man ihnen nach Möglichkeit Viel und Gutes vorſetzte. Da war kein Haus, keine Familie, wo man nicht die ganze Nacht gewirthſchaftet, gebacken, gekocht, gebraten und verborgen und vergraben haͤtte, was die Feinde rauben konnten. Von den Behoͤrden wurden Eilboten auf die umliegenden Doͤrfer geſandt mit Befehlen, dies oder jenes zu liefern und hereinzu bringen. Alle diejenigen, welche des Franzoͤſiſchen kundig waren und deren gab es zum Gluͤck hier mehrere wurden auf den folgenden Tag fuͤr das Rathhaus in Beſchlag genommen. So in Allem vorbereitet, erwartet man mit klopfendem Herzen die Gefuͤrchteten. Sie trafen richtig den 25. October, an Zahl 25,000(*), hier ein, an ihrer Spitze der damalige franzoͤſiſche Marſchall, Bernadotte, Prinz von Ponte Corvo(jetzt Koͤnig von Schweden). Sie kamen von Deſſau dort waren fie uͤber die Elbe geſetzt und von Zerbſt her, alſo zum Steinthore herein. Der größte Theil(16000) blieb in der Stadt, 9000 in der Naͤhe derſelben, vor den Thoren, in einzelnen Bivouaks, die jedoch auch auf Koſten der Stadt zehrten. Bei dieſer Üͤber großen Maſſe aber waren viele Haͤuſer zu klein: eine bedeu­tende Menge campirte auf den Straßen. Es war ein Gewirre ) Napoleon liebte es, feine Truppen in großen Heerſaͤulen marſchiren zu

laſſen, theils um den Beſiegten zu imponiren, theils um ſchnell große

Maſſen vereinigen und mit ihnen nachdrucksvoll wirken zu konnen.