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Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg von den frühesten bis auf die neuesten Zeiten : Mit Benutzung des Stadt- und Stiftsarchives und anderer gedruckter und ungedruckter Urkunden / Von M. W. Heffter, Königl. Professor und Prorector am Gymnasio zu Brandenburg ...
Entstehung
Seite
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ohne Gleichen. Es folgte eine angſt- und ſchreckens volle Nacht. Immer erwartete man den Befehl zur allgemeinen Pluͤnderung. Darum gab man auch gern Alles her, um nur das Außerſte zu verhuͤten, und für dieſe einzige Nacht reichten allenfalls die Vor­raͤthe hin. Da ertoͤnte plotzlich und wiederholt die Sturmglocke: zwei Mal brach Feuer aus. Viele glaubten darin das Zeichen der Pluͤnderung zu vernehmen. Doch dem war nicht ſo. Viel­mehr hielt der Prinz die trefflichſte Mannszucht: er war der einz zige Troſt, die einzige Hülfe in der kummervollen Nacht. Als ihm gemeldet wurde, es werde in den Vorſtaͤdten gepluͤndert, ſandte er ſogleich Leute ab mit dem gemeſſenſten Befehle, dem Unweſen Einhalt zu thun, und jeder Unfug ward an dem Thaͤter beſtraft. Als die Sturmglocke laͤutete, warf er ſich auf fein Pferd und erſchien perſoͤnlich an der Stelle, wo es brannte, und be­orderte und ermuthigte die eigenen Soldaten zum Loͤſchen. Und als am andern Morgen einer ſeiner Adjutanten, im Namen des Marſchalls, vom Magiſtrate eine Summe von 10,000 Thlr. ver­langte als ein Gnadengeſchenk für die Nichtpluͤnderung der Stadt, und man dem Prinzen ſelbſt einen Wechſel auf ein Berliner Haus von 8000 Thlrn. praͤſentirte mit der Entſchuldigung, nicht mehr fuͤr dieſen Augenblick aufbringen zu koͤnnen, da entbrannte er von Zorn, ſchickte den Adjutanten ſogleich fort und zurück von der Armee, zerriß den Wechſel und überſandte ihn fo dem Ma­giſtrate(*). Dieſes ausgezeichnete aͤcht fuͤrſtliche Benehmen machte ihn den Bewohnern Brandenburgs ſelbſt als Feind ehren­werth und trug ſehr viel dazu bei, ihre Furcht zu mindern und ihnen Achtung vor den Franzoſen einzufloͤßen. Aber auch unter den Officieren waren viele Treffliche, die gern halfen, wo es noͤthig war, wenn man ſich mit ihnen verſtaͤndigen konnte. Mit dem anbrechenden Tage zog die Schaar weiter. Man athmete wieder frei; man erzaͤhlte ſich die ausgeſtandenen Leiden und Schickſale, die untergelaufenen Abenteuer; man hatte die Feinde von Angeſicht zu Angeſicht geſehen und Menſchen, oft ſehr hu

) Man vgl. den Brandenb. Anz. 1810. St. 83 f., wo der verſtorbene Prediger Bock bei der hieſigen franzdͤſiſchen Gemeinde feine intereſ­ſante Unterredung mit dem Prinzen ſchildert.