Heft 
(1956) 7
Seite
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Wollefabrik nach einem neu entwickelten Verfahren in dem Jahre 1947 wieder aufgebaut, so daß der eigentliche Finanztröger des Kombinates neu geschaffen werden konnte.

Daß man aus Zellstoff Papier und Pappe herstellt, ist vielen bekannt: daß man aus Zellstoff auch eine Textilfaser erzeugt, die heute eine der wich­tigsten Rohstoffe der Textilindustrie darstellt, ist weniger geläufig bzw. sind die Vorstellungen hierüber sehr unklar. Deshalb machte ich in ge­drängter Form etwas über die Herstellung der Zellwolle erzählen.

Zunächst wäre der Begriff, was man unter Zellwolle versteht, zu erläutern. Die Zellwolle ist eng verwandt mit der Kunstseide. Der Hauptunterschied liegt darin, daß Kunstseide endlos gesponnen und als Faden auf Spulen, Haspeln oder als Kuchen aufgespult wird. Zellwolle dagegen wird nach dem Spinnvorgang oder nach der Nachbehandlung in Stücke von gleicher Länge, sogenannte Stapel, zerschnitten. Ursprünglich wurde Zellwolle, da­mals Stapelfaser genannt, im ersten Weltkrieg als Ersatz für Baumwolle, für Schießbaumwolle und als Zündschnüre verwandt. Die Entwicklung die­ser Faser wurde in Premnitz bei Rathenow von der damaligen Kölln- Rottweil AG, später IG-Farben, durchgeführt. Da die Stapelfaser, genau wie die Naturbaumwolle, aus Zellulose aufgebaut war, versuchte man nach Beendigung des ersten Weltkrieges sie weiter zu entwickeln, und durch rastlosen Einsatz der Chemiker und Ingenieure gelang es dann, eine gut brauchbare neue Textilfaser zu schaffen, die unter dem NamenVistra in den Handel kam.

Nach 1933 wurden zur Schaffung neuer Tcxtilrohstoffquellen große Fa­briken gebaut.

Da man für die zu produzierende Faser die Fabrikbezeichnung der IG- FarbenVistra nicht benutzen konnte, wurde ein neuer Name ..Zellwolle geprägt. Die Zellwolle soll keine Ersatzfaser für Baumwolle oder Wolle sein, sondern ist als vollwertige Textilfaser aufzufassen. Infolge ihrer Verwandtschaft mit der Baumwolle werden auch Textilien, für die früher ausschließlich Baumwolle verwendet wurde, aus Zellwolle hergestellt. Auch Zellwolle mit Eigenschaften von Wolle wird erzeugt, trotzdem Wolle (Schafwolle) als tierische Faser, die nicht auf Zellulosebasis aufgebaut ist, gewisse andere Eigenschaften aufweist, die von einer Zellulosefaser nicht restlos erreicht werden kann.

Wieweit die Zellwolle als neue Textilfaser ihre Berechtigung hat, geht daraus hervor, daß auch diejenigen Länder, die Selbsterzeuger von Baum­wolle sind. Zellwollefabriken gebaut haben.

Nach den Statistiken ist die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren um rund 55 Prozent gestiegen.

Der Anteil an Chemiefasern, unter die auch die Zellwolle fällt und die für die Herstellung von Textilien benötigt werden, beträgt rund 20 Prozent, davon Zellwolle 9 Prozent.

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