Der Bedarf an Textilfasern ist in den letzten Jahren allgemein enorm gestiegen, so daß die natürlichen Rohstoffquellen nicht allein ausreichen, um den Bedarf für die Bevölkerung zu decken.
Bevor wir zur Herstellung der Zellwolle kommen, müssen wir uns noch etwas mit dem Grundstoff Zellulose befassen. Wir müssen also bei der Zellstoff-Fabrik anfangen.
In Wittenberge wird ausschließlich Kiefernholz neben Stroh verarbeitet. Das Holz wird in Längen von 1 bis 2 m angeliefert, Stroh als Preßstroh- ballen. Holz soll normalerweise A —1 Jahr lagern, um für die Weiterverarbeitung geeignet zu sein. Leider ist dies in den letzten Jahren nicht mehr möglich gewesen, da Holz sehr knapp geworden ist.
Ursprünglich verarbeitete man nur harzarme Hölzer, wie Fichte und Tanne. Hierfür wurde der Holzaufschluß nach dem sogenannten Sulfidverfahren vorgenommen. Dieses saure Aufschlußverfahren bedient sich im wesentlichen der Salze der schwefligen Säure, und zwar insbesondere des Kal- ziumbisulfits. Die Ausbeute an Sulfltzellstoff beträgt ca. 45—50 Prozent der eingesetzten Holzsubstanz.
Um harzreiche Hölzer aufzuschließen oder aber um Einjahrespflanzen, wie Stroh und Schilf, als Zelluloseträger zu verarbeiten, mußte ein neues Aufschlußverfahren entwickelt werden. Dies fand man in dem sogenannten alkalischen Aufschluß, wobei die Kochlauge aus Ätznatron oder Gemischen von Ätznatron und Schwefelnatrium hergestellt wird. Die Ausbeute an Natronzellstoff beträgt 35—40 Prozent des eingesetzten Holzes.
In Wittenberge arbeitet man nach dem alkalischen Aufschlußverfahren, da ursprünglich Stroh als Zelluloseträger verarbeitet werden sollte. Das Holz wird, nachdem, es von seiner Rinde befreit worden ist, in starken rotierenden Hackmaschinen zu kleinen Stücken zerhackt und in großen Druckbehältern unter Zugabe der Aufschlußflüssigkeit, der Kochlauge unter steigendem Druck gekocht. Hierbei werden die Inkrusten — das sind die Begleitstoffe des Holzes, die aus Lignin, Harzen, Fetten, Proteinen und Asche bestehen — herausgelöst und mit der Kochlauge beim Entleeren der Kocher entfernt.
Anschließend wird die Zellulose, die nun erhalten wurde, viel gewaschen, gebleicht und über eine Entwässerungsmaschine zu Rollen ausgefahren.
Beim Bleichen werden noch Restsubstanzen, die nicht Zellulose darstellen und noch vorhanden sind, herausgelöst. So vorbereitet können die Zellstoffrollen der Zellwolleproduktion zugeführt werden.
In der Zellwollefabrik werden sie nun in daumengroße Stücke gerissen, mit Natronlauge und Schwefelkohlenstoff zur Reaktion gebracht, wobei das Xanthogenat entsteht, eine gelbe, krümlige Masse, die sich anschließend mit Wasser und Lauge zu einer sirupähnlichen Flüssigkeit lösen läßt, der sogenannten „Viskose“.