leuchtet in allen Farben. Durch die schon gelichteten Kronen flutet das Sonnenlicht. Die rotbraunen Blätter der Buchen funkeln wie flüssiges Gold. Unter dein Füßen des Wanderers raschelt das abgefallene Laub. Keine Vogelstimme ist zu hören, nur das Glucksen des Wassers unterbricht die Stille. Aus der Bläue dringt ein ferner Schrei in die Waldeinsamkeit. Eine lange Kette Kraniche zieht südwärts. An einer alten Kiefer klopft der Specht. Von „O'bermühle“ her zerreißt scharfes Hundegebell hin und wieder die friedliche Stille. Die Sonne sinkt tiefer, die Dämmerung zieht herauf und hüllt alles in ein düsteres Grau.
Wie ganz anders ist es im Winter, wann der Sturm sich in den Wald wirft und den Schnee durch die kahlen Kronen peitscht. Das ächzt und stöhnt, das braust und donnert! So mancher morsche Riese, so manches junge Bäumchen hat an solchen Sturmtagen sein Ende gefunden. Dann ist es hier nicht gut sein.
Wie schön ist es aber zur Frühlingszeit, wenn die Knospen sich entfalten und das erste junge Grün neugierig in den Sonnenschein lugt. Die munteren Sänger sind von ihrer Winterreise zurück, und ihre Lieder klingen hell und froh aus Bäumen und Büschen. Selbst der Bach eilt geschwinder dahin. Er hat über Winter an Wasser zugenommen; ei; schäumt umd rauscht gegen die Ufer und sprudelt über die morschen Äste, die ihm den Weg versperren. Und die ersten Frühlingsblumen säumen seine Ufer.
Wir wandern weiter. Die Hänge kommen wieder näher an das Fließ heran, sie engen es ein, und zugleich werden sie schroffer. Wir klettern auf schmalem, schlüpfrigem Pfad an steilem Hang dahin. Gib acht! — Ein Fehltritt, und du stürzt hinab, wenn es dir nicht gelingt, den Stamm einer jungen Buche zu ergreifen. — Nun wendet sich der Bach und fließt in Schlangenlinien von uns fort, um 'bald wieder zu uns zurückzukehren. Noch 10 Minuten, und das Tal weitet sich zu dem Mühlenteich von Kümmemitz. Hier teilt sich der Bach und windet sich in zwei Armen durch den versumpften Teich. Über die beiden Arme führten früher Stegs auf die rechte Seite des Tales. Leider sind diese längst verschwunden. Mögen sie gar bald durch neue ersetzt werden! Alte Buchen, zum Teil schon morsch, umsäumen den Teich, der bedauerlicherweise mehr und mehr verlandet. So mancher alte Baum mit seinem Stamm und seinen Ästen modert im Schlamm. Früher leuchteten hier weiße See- und gelbe Teichrosen, und an dem moorigen Ufer lagen Muscheln, die von den Kindern gesammelt wurden.
An unser Ohr dringt ein Rauschen. Nach kurzer Zeit stehen wir an einem Wehr, wo das Wasser auf einer gemauerten Gleitbahn schäumend und brausend in einen tiefen Talkessel stürzt, um dann schnell weiter nach Kümmernitz zu strömen. Vor uns, hinter dem Gewirr von Bäumen und Büschen, hat die alte Kümmernitzer Wassermühle gestanden, deren Räder noch am Ende des vorigen Jahrhunderts emsig klapperten. Jetzt erinnert
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