Heft 
(1957) 2
Seite
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der Hitlerfaschismus hinterlassen hatte, waren überall viel zu groß und die allgemeinen Hemmnisse nicht unbedeutend.

Die Versorgungslage war unzureichend, der Hunger groß, und jeder trach­tete nur danach, Lebensmittel für die geleistete Arbeit zu erhalten.

Wo kann ich was organisieren?, das war die Frage der Zeit.

Es war ein stetes Kommen und Gehen. Aus der Kriegsgefangenschaft Entlassene, Flüchtlinge, die ihre Angehörigen suchten, und auch Abenteu­rer trugen zur schlechten Arbeitsmoral ünd Fluktuation bei. Kontrolle am Arbeitsplatz gab es nicht; denn nur wenige fühlten sich verantwortlich. Arbeit war zwar genügend vorhanden, doch Gleichgültigkeit, Lethargie und Mutlosigkeit machten sich in der täglichen Arbeit hemmend bemerkbar. 12 Jahre Hitlerfaschismus und die anschließende Katastrophe hatten die gesellschaftliche Moral und auch die Arbeitsmoral unermeßlich geschwächt. Während der einsichtige Teil der Arbeiterschaft die Not durch Fleiß und Anstrengungen zu überwinden suchte, verfiel ein Teil der Eisenbahner in Unmoral, Egoismus und geriet in die Hände von Schiebern und Speku­lanten. Material und Werkzeuge wurden gestohlen und gegen Lebens­mittel eingetauscht.

Besser wurde es, als im Juli 1945 die Gründung der politischen Parteien erlaubt wurde. In kürzester Zeit hatten sich viele Genossen in der KPD und Genossen in der SPD politisch organisiert.

Die gewerkschaftliche Organisierung machte ebenfalls gute Fortschritte, und es waren bis Ende 1945 74 Prozent der Belegschaft in der IG-Eisen- bahn im FDGB vereinigt.

Schwierigkeiten im persönlichen Leben und Schwierigkeiten im Produk­tionsprozeß galt es täglich zu überwinden. Die organisierte Arbeiterschaft wurde aber auch täglich aktiver. Die Anfänge der gesellschaftlichen Arbeit mußten sich schließlich in Produktionserfolgen ausdrüeken.

Einige Tage gab es auch eine Reichsbahndirektion Wittenberge. Sie kam aber über das Anfangstadium nicht hinaus. Später wurde der von der Rbd Hamburg getrennte Teil der Eisenbahn der Reichsbahndirektion Schwerin angegliedert.

Im September 1945 wurde die Deutsche Reichsbahn in deutsche Hände übergeben. Was diese Übergabe zu bedeuten hatte, daß sie ein geschicht­licher Wendepunkt im Leben des deutschen Volkes war, daß'die Eisenbahn nun zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Volkes Volkseigen­tum wurde, das konnte man, weil alles noch neu und fremd war, nicht fassen, es kam den meisten Eisenbahnern damals nicht zum Bewußtsein. An der bisherigen Organisationsform der Deutschen Reichsbahn änderte sich vorläufig nichts. Am 3. 8. 1945 wurde die Dienststellenleitung des Bahnbetriebswerkes gewechselt. An Arbeit fehlte es nicht. Auf allen Bahn­höfen, in der Umgebung waren schadhafte Lokomotiven abgestellt. Diese wurden lauffähig gemacht und dem Bahnbetriebswerk zur Ausbesserung

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