WILLI WESTERMANN, CUMLOSEN
Das verhängnisvolle Würfelspiel in der Sylvesternacht
Wer kennt nicht die geheimnisvollen zwölf Nächte! Man nannte gewöhnlich diese Zeit zwischen dem Thomastag (21. Dezember) und dem Dreikönigstag (6. Januar) nur die „Zwölften“. Eine der zwölf Nächte, die Nachtstunden vom alten zum neuen Jahr nämlich, verbrachten zwei rauhe Landsknechte in Wootz in der Lenzener Wische mit Würfeln. Das ist schon lange her, und eine Polizei mit Tschako und Notizbuch gab es noch nicht. An ihrer Stelle hatte der „Wilde Jäger“ das Amt eines Sil- vesterlichen Ordnungshüters übernommen. Wer in der Neujahrsnacht oder in den Zwölften nicht gut tat und ein schlechtes Gewissen hatte, der mußte auf der Hut sein. Da in dieser Zeit Frau Hare oder Frau Harke, in anderen Gegenden auch Frau Holle oder Hulda genannt, in der Prignitz herumflog, machten sich diese beiden Haudegen über die Mutter allen Überflusses in ihrer rauhen Art lustig. Die ordentlichen Leute machten den Rauchfang, Luken und Fenster auf, damit sie hineinfliegen konnte, um das Haus zu segnen. Das vier Wochen dauernde Julfest wurde damit begonnen, daß ihr Schweine geopfert wurden. Ihr Besuch war daher ebenso erwünscht wie gefürchtet. Das Christentum hatte den Glauben an ihre Erscheinung in den Zwölf Nächten nicht unterdrücken können, sie war allerdings mehr eine Art Gespenst geworden. Die Mädchen versäumten in diesen Nächten niemals, ihren Flachs auf den Spinnwocken in einen Knoten zu schlingen und dafür zu sorgen, daß er noch vor Neujahr rein abgenommen war. Die wilden Tiere, Bären, Wölfe, Füchse, Luchse, hatten in dieser Zeit große Kraft, besonders die Wehrwölfe waren sehr zu fürchten. Es war sehr gefährlich, in den Zwölfen vom Wolf zu sprechen. Kein Schäfer war in dieser Zeit dahin zu bringen, das Wort Wolf in den Mund zu nehmen, denn seine Herde wäre schlecht weggekommen. Wer mit dem Familiennamen Wolf hieß, wurde in diesen Tagen Untier genannt. In diesen zwölf Nächten machte Frau Harke die Witterung des ganzen Jahres. Bohnen, Erbsen, Linsen, alle Hülsenfrüchte, durften nicht auf den Tisch kommen.
Unsere Landsknechte hatten andere Dinge in den Zwölften versucht. Jetzt spielten, scherzten und lachten sie. Der Branntwein gab den nötigen Schwung dazu. Ihre Erlebnisse in den letzten Tagen wurden noch einmal gründlich durchgeheckert, derb und kraftvoll war die Aussprache. Ihre Ausdrücke waren eindeutig und konnten nicht mißverstanden werden. Vor kurzem hatten beide Kohl geklaut, denn es hieß, daß Pferde, die in
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