ein Geselle, der kaum anderes als Arbeiten, Essen und Schlafen kannte, wöchentlich etwa 15 M Bargeld.
Wer es zum selbständigen Meister gebracht hatte, dem ging es allerdings gut. Er bekam für ein Paar Stiefel je nach Länge 6 bis 9 M. Man erzählt heute noch von dem Meister Wartenbach, der als Geselle mit 18 Silbergroschen in der Tasche hier ankam. Es gelang ihm, sich selbständig zu machen. In seiner Werkstatt arbeiteten fünf Gesellen vorwiegend Stiefel für die Rathenower Husaren. Das war zwar nicht für die Gesellen, wohl aber für den Meister sehr einträglich. Der stand sich so, daß er jedem seiner fünf Kinder 5000 M mitgeben konnte.
Den wachsenden Fabrikbetrieben konnten unsere Meister mit ihrer Handarbeit nicht standhalten. So ging eine Schusterei nach der anderen ein. Die letzten erlagen den Nachwirkungen des ersten Weltkrieges. Heute haben hier nur noch einige Flickschuster ein kümmerliches Dasein. An so manchem Haus aber scheint durch den neuen Anstrich noch das Firmenschild einer alten Schuhmacherei hindurch.
Etwas später entwickelte sich hier die Tabakindustrie. Da hatten einige Bauern etwa um 1850 mit dem Tabakanbau begonnen, zunächst vielleicht nur für den eigenen Bedarf. Der Anbau wurde erweitert, wovon noch eine „Tabakscheune“, die heute zum Holztrocknen benutzt wird, auf dem Grundstück Dossestraße Nr. 11 zeugt. Dann erlernten wohl einige Bauern oder deren Söhne das Zigarrenmachen und arbeiteten neben der Landarbeit, ohne eine Firma anzumelden. 1876 eröffnete der aus der Landwirtschaft kommende Gustav Heller hier die erste Zigarrenmacherei, in der er mit seinen beiden Söhnen arbeitete. Nun genügte der einheimische Tabak nicht mehr. Ausländische Tabake wurden eingeführt, und der hiesige Anbau ging ein. 1881 baute Carl Kleist in der jetzigen Moskauer Straße eine Zigarrenfabrik. Darin arbeiteten 20 Zigarrenmacher und 10 Frauen, die den Tabak zubereiteten. Außerdem waren noch Heimarbeiter neben der Fabrik tätig. Ferner gehörte noch ein Nebenbetrieb in Holten in Westfalen zur Firma. Die dort gefertigten Zigarren wurden zum Ablagern und zum Verpacken hierher geschickt. 40 000 Zigarren stellte die Firma wöchentlich her. Beim Ausbruch des ersten Weltkrieges lagerten in ihren Räumen etwa eine Million Zigarren.
Aus dem Kleistschen Betrieb gingen mehrere Zigarrenmacher hervor, die selbständig wurden. So entstanden die Firmen Plagemann, Albrecht und Blumenthal. Die Zigarrenmacher gehörten in der Mehrzahl der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands an, weshalb unser Ort den Beinamen das „rote Wusterhausen“ bekam.