Heft 
(1958) 3
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ihm wird heute noch oft gesprochen, denn er veränderte das Antlitz des Bauernortes gründlich. Breite Asphaltchausseen verbinden nun den Ort mit allen Ortschaften der Umgebung. Energisch setzte er sich für den Bau der Kreisringbahn ein, der erst durch eine kräftige, finanzielle Unter­stützung aus Dallmin möglich wurde. Sicher wird der Gutsbesitzer dies alles nicht nur aus purer Nächstenliebe getan haben, sondern um seinem Gut wirtschaftlichen Aufschwung zu verleihen. Aber doch kam der An­schluß an das Verkehrsnetz auch der Bevölkerung zugute. Auch die Dall- miner Kinder sollten nicht zu kurz kommen, für sie baute er im Jahre 1903 ein neues Schulhaus, welches, um- und ausgebaut, noch heute benutzt wird. Darauf folgten ein Postamt, Telefonbetrieb und bald nach der Gründung der Uberlandzentrale elektrisches Licht. Auch auf der Straße brauchte abends bald niemand mehr in der Dunkelheit umherzustapfen, wurde doch 1925 der ganze Ort mit elektrischer Straßenbeleuchtung ver­sehen. Nun nahmen auch ein Arzt, ein Tierarzt und ein Apotheker ihren Wohnsitz bei uns.

Für die sportlich interessierte Jugend entstanden ein 4 Morgen großer Sportplatz und eine schöne, geräumige Turnhalle. Eine Stärkefabrik und mehrere Ziegeleien ließ Viktor von Podbielski außerdem errichten, aus denen er gewiß große Gewinne zog. Bei diesen Unternehmen war er ge­zwungen, große Mengen Geld auszugeben. Aus der Stärkefabrik, der Molkerei und den Ziegeleien zog er großen Profit, doch verbrauchte er ihn andererseits sehr schnell, um sein verschwenderisches Leben finanzieren zu können. Dazu kam, daß er als Postminister des Deutschen Reiches seit einigen Jahren in Berlin lebte und sich den Daliminern nur im Sommer zeigte. Hier walteten Inspektoren ihres Amtes. Der Besitz des Postministers Viktor von Podbielski wurde bald an den Holländer Ornes van Nyenrode verkauft. Er war aber auch nicht der letzte Gutsbesitzer, den die Dall- miner sahen. Das Gut kaufte nun ein Herr von Natusius, der bald starb und das Anwesen seiner Frau hinterließ. Sie zog aber schon kurze Zeit später nach Magdeburg zu ihren Kindern, die dort eine Munitionsfabrik besaßen.

Aber auch für Dallmin schlug die Stunde der Befreiung von der kapita­listischen Fron im Jahre 1945. Siegreich zog die Sowjetarmee in unseren kleinen Ort ein und übergab das Gut, für dessen Aufbau jahrzehntelang viele Menschen schwer arbeiten mußten, dem deutschen Volk. Das Antlitz des Dorfes veränderte sich nun, und das Leben nahm einen Aufschwung. Im ehemaligen Schloß wurde 1946 ein Lehrerbildungsinstitut errichtet, in dem viele junge Lehrer Bildung und Wissen erwarben. Der wunderbare, einst so streng gehütete und den Blicken der Dorfbewohner durch eine hohe Mauer entzogene Park durfte nun von jedem, der dazu Lust ver­spürte, benutzt werden. Von nun an führte jeder Sonntagsspaziergang der Dallminer durch ihren Park, an den prachtvollen ausländischen Bäumen

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