Heft 
(1892) 70
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Danton.

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in der Folge wahr haben wollte. Bis in das Jahr 1790 hinein kam Mirabeau bekanntlich periodisch auf die Befürchtung zurück, die reactionäre Hof- und Adels­partei werde der Nationalversammlung gegenüber Siegerin bleiben, wenn diese sich nicht auf das Volk stütze und dasselbe in Bewegung erhalte. In der Ab­sicht, die Fäden dieser Bewegung in die Hände zu bekommen und dadurch den Hof zu schrecken, hatte der große Pöbelverächter keinen Anstand genommen, mit Pöbeldemagogen, wie Danton und Desmoulins sie damals vorstellten, in nahe Beziehung zu treten, sich des Ersteren in den Districtsversammlungen, des Letzteren in der Presse zu bedienen und ihn gegen die Verfolgungen in Schutz zu nehmen, welche der gewissenloseGeneral-Procurator der Laterne" und Heraus­geber derRevolution« äs Kranes et de Rradant" gegen sich herauf beschworen. Dem Beispiel Mirabeau's folgte der Herzog von Orleans, der insbesondere mit Danton anknüpfte und gehofft haben mag, durch die Vermittelung des gefürchteten Districtredners dem Ziele der Reichsregentschaft näher zu kommen. Ob die schönen Augen der Frau von Buffon der damaligen Geliebten des Herzogs oder dessen reiche Börse Danton zur Willfährigkeit gegen die Wünsche Orleans' be­stimmt haben, mag dahingestellt bleiben; genug, daß er zu dem Manne in Be­ziehung trat, dessen übler Ruf dem seinigen den schwersten Schaden anthun sollte. Bemerkenswerth ist, daß Danton während dieser ersten Periode der Revolutions­zeit aus der beschränkten Sphäre des hauptstädtischen Demagogen nicht heraus­trat, daß er den Verkehr mit Marat, Saint Hurugue und anderen Unheilstiftern niedrigster Gattung nicht scheute, und daß die parlamentarischen Führer ihn unter die Männer zweiter Ordnung rechneten, deren Dienste man gelegentlich in Anspruch nimmt, um sie laufen zu lassen, wenn man ihrer nicht mehr bedarf. Noch herrschten die constitutionellen Theorien der liberalen Adelspartei vor, noch war für die Demokratie kein Platz vorhanden, den sie hätte behaupten können. Mit der ihm eigentümlichen Schärfe des Blicks hatte Danton das durchschaut. Keinen Augenblick vergaß er über den neuen Beziehungen zu den großen Herren der Revolution die Verbindung mit den obscuren Elementen, welche die eigent­lichen Stützen seines Einflusses bildeten. Nach wie vor wendete er den Haupt- theil seiner Thätigkeit dem Districte zu, der ihn zu seinem Präsidenten gemacht und den er immer wieder gegen die im Fahrwasser der Gemäßigten schwimmende ossicielle Communalvertretung ausstachelte. Aus die großen Entscheidungen, welche die Zukunft Frankreichs betrafen, hatte er noch so wenig Einfluß, daß die mehrwöchentliche Reise, die er während des Sommers 1789 in Gesellschaft seiner Schwäger nach England machte, unbemerkt blieb und daß sein Name mit keiner der gesetzgeberischen Entschließungen der ersten Revolutionsjahre in Ver­bindung steht. Dafür mußte mit ihm gerechnet werden, wo die angeblichen oder wirklichen Interessen und die Leidenschaften der hauptstädtischen Bevölkerung irgend in Betracht kamen. Mit diabolischem Geschick wußte er dafür zu sorgen, daß der Untergrund der großen Revolutionsbewcgung nicht zur Ruhe kam und daß er selbst unentbehrlich blieb. Unentbehrlich Denjenigen, welche Hof und Ministerium nicht festen Boden gewinnen lassen und die Bildung einer compacten liberal- constitutionellen Partei verhindern wollten unentbehrlich aber auch da, wo es der erregten Volksleidenschaft augenblicklich Zügel anzulegen oder Aus-