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Deutsche Rundschau.
um Vor den Schranken der Nationalversammlung gegen die Minister Champion, Guignard und Latour du Pin zu donnern. Daß der Maire Baillh die Mattherzigkeit gehabt, sich zur Theilnahme an dieser revolutionären Demonstration bestimmen zu lassen und daß der von Ungeheuerlichkeiten strotzende Vortrag des kühnen Sprechers nicht nur den tiefstgehenden Eindruck machte, sondern den angestrebten Zweck vollständig erreichte, bewies mit unwidersprechlicher Deutlichkeit, daß die Herrschast über den Staat von dem Parlamentssaal auf die Gasse übergegangen war, und daß die alten Gewalten nur noch eine Scheinexistenz führten. Hatte doch selbst Mirabeau nicht für gerathen gehalten, dem Eindringling gegenüberzutreten, dessen Einfluß er selbst hatte groß ziehen Helsen! Dem Wachsthum dieses Einflusses kam wesentlich zu Gute, daß Danton denselben mit außerordentlichem luetischen Geschick benutzte und jedem Schritt vorwärts eine Prüfung des Bodens vorausgehen ließ, auf welchen er den Fuß setzte. In dieser Rücksicht ist sein Verhalten bei Gelegenheit der Flucht und Wiederergreifung des Königs besonders charakteristisch. Am Abend des Tages, der den Parisern die wichtige Kunde gebracht hatte (21. Juni 1791), war er es, der im Jacobinerclub die entscheidende Rede hielt. Wohl damit bekannt, daß die Mehrheit der Nationalversammlung an der Verfassung sestzuhalten entschlossen, daß die Stimmung der hauptstädtischen Bevölkerung getheilt sei, und daß ein vorzeitig zu Gunsten der Republik geredetes Wort die Sache derselben gefährden könne, wandte er sich nicht gegen den König, sondern gegen Lafayette, den er als Mitschuldigen der Entweichung des unter seiner Obhut stehenden Fürsten angriff. „Sie haben," so rief er dem im Geleit einiger Freunde unter den Jacobinern erschienenen Oberbefehlshaber der Nationalgarde drohend entgegen, „Sie haben sich mit Ihrem Kopf dafür verbürgt, daß der König nicht entweichen werde — sind Sie erschienen, uns diese Schuld zu zahlen?" Von Lafayette, der für einen Mitwisser der Danton schon damals nachgesagten geheimen Beziehungen zum Hof und dessen Kreisen galt, wurde angenommen, er werde mit einer Verdächtigung der Ehre seines Anklägers antworten: sei es, daß er nichts zu enthüllen hatte, sei es, daß er zunächst an die eigene Sicherheit dachte: der General wich dem gegen ihn geführten Schlage aus, indem er angab, der König sei zu der Flucht verführt worden und habe seine Wächter getäuscht. Die nach Tausenden zählende Versammlung nahm diese Erklärung so günstig aus, daß Lafayette's Entfernung das Zeichen zum Schluß der Versammlung ertheilte, und daß man dem eben noch schwer bedrohten Manne das Geleit gab.
Danton wußte sich diese Erfahrung zu Nutze zu machen. Ohne Rücksicht daraus, daß republikanische Wünsche in weiten Kreisen umgingen, daß der Girondist Brissot sich im Sinne derselben gegen Robespierre geäußert, daß die Cordeliers eine bezügliche Adresse entworfen hatten, ja daß der König selbst, unmittelbar nach seiner Ergreifung, aus die Abschaffung der Monarchie gefaßt gewesen war, hütete sich Danton, das verhängnißvolle Wort auszusprechen. In den Reden, die er nach der Zurückführung der unglücklichen Flüchtlinge hielt, erging er sich in den heftigsten Ausfällen gegen die Person des Monarchen — die Monarchie selbst ließ er unangetastet, indem er die Einsetzung eines Stellvertretungsraths als äußerste Grenze des Thunlichen bezeichnte: daß sein