Heft 
(1892) 70
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Deutsche Rundschau.

lung Wählen sollten, erhielt Danton eine überwältigend große Anzahl von Stimmen. In Wirklichkeit waren dieselben ungültig, Weil Danton wegen des gegen ihn erlassenen und nicht zurückgenommenen Verhaftsbefehls vom 18. Juli und wegen des ferneren Umstandes, daß er Schulden halber gerichtlich ver­folgt wurde, zur Zeit der für einen Wahlmann erforderlichen Eigenschaften entbehrte. Da alle Versuche, die Urwähler zum Gehorsam gegen die ausdrück­liche Vorschrift des Gesetzes zu bestimmen, erfolglos blieben, beschloß man gegen Danton persönlich vorzngehen. Der Huissier Damine erhielt den gerichtlichen Auftrag, Herrn Danton wegen Theilnahme am Aufruhr vom 17. Juli und mehrerer unbezahlter Wechsel zu verhaften. Im Begriff, seine Amtspflicht zu thun, wurde der unglückliche Mann von dem gefürchteten Demagogen so grimmig angeherrscht, vom Pöbel so gefährlich bedroht, daß er sich zurückziehen und den ihm ertheilten Auftrag als unausführbar zurückgeben mußte. Der Sache wurde kein Fortgang gegeben, weil keiner möglich war und in der angehenden Republik Niemand sich bereit und fähig zeigte, die freche Gesetzesverletzung zu ahnden.

Um dieselbe Zeit vollzog sich eine Veränderung in Danton's äußeren Lebens­verhältnissen, die den vorstehend berichteten, mehrfach bezeugten Vorgang, nämlich das Vorhandensein einer unbezahlten Schuld, schwer erklärlich erscheinen läßt. Auf Grund des Gesetzes über Aufhebung der Käuflichkeit der Advocaten- und Richterstellen wurde ihm am 8. October der Betrag von 69300 Fr. als Ab­lösung seiner Charge ausgezahlt. Schuldenforderungen waren (wie amtlich bezeugt ist) bis zum 10. October desselben Jahres nicht angemeldet worden, und die Auszahlung des auf den Fall solcher Forderungen einbehaltenen Restes von einem Achtel der Auszahlungssumme scheint demnächst anstandslos erfolgt zu sein. Daß ein Mann,-dem eine so beträchtliche Summe in naher Aussicht stand, und der dieselbe zum Ankauf von Grundstücken verwenden konnte, sich einer- gerichtlichen Verfolgung aussetzen konnte, würde unglaublich erscheinen, wenn nicht beide Thatsachen gleich gut bezeugt wären. Die Annahme, daß Danton plötzlich in den Besitz reichlicher Geldmittel getreten sein muß, liegt um so näher, als er von dem Rechte, sich unter die Advocaten der neuen Gerichtshöfe ausnehmen zu lassen, keinen Gebrauch machte. Ein Mandat zur gesetzgebenden Versammlung besaß er nicht und zum Gehülfen (substitut-aäsoint) des Pariser Gemeinde-Procurators Manuel kann er nicht vor Ende des Jahres 1791 ge­wählt worden sein. Woraus er nach dem 8. October seinen Lebensunterhalt bestritten, was es mit seiner Verschuldung, dem plötzlichen Umschwung seiner Verhältnisse und mit der Rentabilität seines Amtes auf sich gehabt, hat keiner seiner Biographen zu untersuchen für nothwendig gehalten.

Daß Danton den Besitz eines einflußreichen Communalamts dem Mandat für die gesetzgebende Versammlung vorgezogen, hatte seine guten Gründe gehabt. Da die Mitglieder der Nationalversammlung von der Theilnahme an der neuen Körperschaft ausgeschlossen waren und die Zugehörigkeit zu derselben für unver­einbar mit der Uebernahme von höheren Staatsstellungen erklärt worden, nahm die ^886nMö6 löZWIatlvs in der öffentlichen Meinung keine allzu hohe Stelle ein. Auf Grund der Constitution von 1791 einberufen, als diese selbst ins Schwanken gekommen und nur noch mit Hülfe der Rechten über Wasser gehalten