Heft 
(1892) 70
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Danton.

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Worden war, schien der neuen Versammlung keine lange Dauer bestimmt zu sein. Dem Ansehen der ohnehin zu einer Großmacht gewordenen Pariser Gemeinde­verwaltung kam das um so mehr zu Gute, als diese in die Hände der revolutio­nären Demokratie übergegangen war. Einstweilen hatten Girondisten und reine Jacobiner noch theilen müssen, die Abdankung der sogenannten Feuillants aber erschien als anerkannte Thatsache, nachdem Lafayette das Commando über die Nationalgarde hatte niederlegen müssen. An des schwachen Stubengelehrten Bailly Stelle war der zu der ersteren Partei gehörige PStion Maire von Paris geworden, das nächstwichtige Amt Manuel zugefallen, einem zu den Extremen haltenden, aber im Grunde milde denkenden Manne, während der dritte Ge­meindebeamte Danton die vorgeschrittene Richtung vertrat und von Hause aus die treibende Kraft der hauptstädtischen Behörde darstellte. Aus blindem Haß gegen Lafayette soll die Königin persönlich dazu beigetragen haben, daß der als Todfeind des ehemaligen Commandanten der Nationalgarde bekannte Demagoge in das wichtige Amt berufen wurde. Galten die constitutionellen Feuillants der kurzsichtigen Hospartei doch für ungleich gefährlicher als die offen zum Umsturz des Thrones drängenden Demokraten! Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, daß der neue Procureur-Syndic den nachmals so berühmt gewordenen Doctrinär Royer-Collard auf die Empfehlung Bailly's zu seinem Arstüsr (Secretär) machte, und daß der schon damals allem revolutionären Wesen abgeneigte junge Mann bis zum Sturz der Monarchie Mitglied der Pariser Gemeindevertretung blieb. Der in Arcis geborene junge Jurist wurde von Danton mit landsmann­schaftlicher Freundlichkeit behandelt und (wie sein Biograph Barante berichtet) von diesem beschützt, als er in der Folge fliehen und sich in der Verkleidung eines Bauern im Hause seiner Mutter verbergen mußte. Daraus mag sich er­klären, daß der durch seine Abneigung gegen alles demokratische und revolutio­näre Wesen bekannte Mann noch als Greis dem Beschützer seiner Jugend ein dankbares Andenken erhielt. Während er dem ihm mißfälligen jungen Odilon- Barrot im Jahre 1831 nichts Bittereres zu sagen wußte, alsIch kenne Sie seit vierzig Jahren, Sie hießen damals Herr Pstion", wollte der strenge alte Herr den wilden Danton nicht nur als gutartigen, sondern alsgroßherzigen" Mann angesehen wissen.

Obgleich das in der Person Robespierre's verkörperte Jacobinerthum bereits zur Zeit von Danton's Amtsantritt den einflußreichsten Factor des Pariser öffentlichen Lebens bildete, fehlte noch viel, damit dasselbe als solcher anerkannt und zum vollen Bewußtsein seiner Macht gelangt war. Noch ge­hörten die späteren Girondisten dem Jacobinerclub an, noch waren die der con­stitutionellen Partei (den Feuillants) angehörigen Deputirten zahlreicher als ihre dem Club angehörigen Gegner, noch lag die ausschlaggebende Gewalt bei der parlamentarischen Mittelpartei, den zweihundertJndependants", noch hatten die Anhänger Danton's selbst im Pariser Gemeinderathe mit einer anders denkenden Mehrheit zu rechnen. Auch nachdem das von Dumouriez geleitete girondistische Ministerium Roland-Claviäre ins Amt getreten war (März 1792), bekannte das Directorium des Seine-Departements sich zu constitutionellen Grund­sätzen, konnte Lafayette Namens des von ihm befehligten Heertheiles Drohungen