Heft 
(1892) 70
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Danton.

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Zukunft, und zwar der nächsten Zukunft, erscheinen. Nichtsdestoweniger vergingen zwischen dieser revolutionären Generalprobe und der Action selber noch sieben Wochen, und diese Action wäre vielleicht noch weiter hinausgeschoben worden, wenn die bekannte Proclamation des Herzogs von Braunschweig nicht die Brandfackel unter das erregte Volk geschleudert und die Sache des Königs unheilbar cornpromittirt hätte. Vorbereitungen zu einem Ueberfall auf die Tuilerien waren bereits vor­her im Gange gewesen. Auf den Betrieb Danton's hatte Manuel am 17. Juli auf dem Stadthause ein Central-Correspondenzbureau für die Pariser Sectionen (Districte) eingerichtet, am 25. waren die Sectionen in Permanenz erklärt worden, am 27. erließ Danton ein Rundschreiben, welches alle Bürger (ein­schließlich der nicht-stimmfähigen) zu Berathungen über die Lage des vom Feinde bedrohten Vaterlandes und zur Bewaffnung einlud; am Abend desselben Tages beschloß eine im Hause Santerre's abgehaltene Versammlung, zunächst das Er­scheinen der 6000 Marseiller Föderirten abzuwarten. Am 29. Juli trafen diese Hülfstruppen der Emeute in Paris ein; das entscheidende Wort siel in­dessen erst am 3. August, dem Tage des Bekanntwerdens der Proclamationen Braunschweigs und König Friedrich Wilhelms II. in der französischen Haupt­stadt. Noch an demselben Tage erschienen Pstion, Danton und der Gemeinde­rath Sergeant vor den Schranken der gesetzgebenden Versammlung, um Namens der Pariser Gemeinde die Absetzung des Königs zu verlangen,da eine zeitweilige Suspension nach der Verfassung nicht möglich sei." Die Versammlung überwies den Antrag einem Ausschüsse, der nach sechs Tagen (am 9. August) berichten sollte. Inzwischen rüsteten beide Parteien, der Hof und die Commune zu einer Entscheidungsschlacht, und als der Beschluß des Parlaments auf sich warten ließ, und die von demselben angenommene Freisprechung Lasayette's von der Wider ihn erhobenen Anklage die Jacobiner aufs Aeußerste gebracht hatte, wurde decretirt, nicht erst den Sonntag abzuwarten, sondern am 10. August, einem Freitage, loszubrechen. Wie sehr die Actionspartei von der Erwartung eines sichern Erfolgs entfernt, und wie weit die Besorgniß vor der heranrückenden preußischen Armee verbreitet war, erhellt aus der Thatsache, daß Marat am Abende des 9. August den Anzug eines Kohlenarbeiters anlegte und den Abg. Barbaroux bat, ihm zur Flucht nach Marseille behülflich zu sein, und daß auch Robespierre sich eine Weile mit Fluchtplänen trug.

Anders Danton. Er wußte, daß Alles eingesetzt werden müsse, um Alles zu gewinnen, und traf danach seine Maßregeln. Das Hauptquartier des be­waffneten, gegen die Tuilerien gerichteten Aufstandes war auch dieses Mal in das Haus Santerre's, des Lieblings der Vorstadt St. Antoine, verlegt, die mili­tärische Leitung einem zuverlässigen Freunde und ehemaligen Offizier, dem Elsässer Westermann übertragen; den politischen Oberbefehl übernahm Danton selbst, nachdem er sich der Unterstützung der Marseiller Föderirten in Person versichert hatte. Um dem Ausstande einen festen Mittelpunkt zu schaffen, von dem aus die Stadt beherrscht werden konnte, hatte er in den Sectionen Commissarien wählen lassen, welche an die Stelle des für suspendirt erklärten Gemeinderaths treten, mit Rücksicht auf die Gefahr des Vaterlandes unbedingte Vollmacht er­halten und sich Nachts im Stadthause versammeln sollten, um die Leitung der

Deutschs Rundschau. XVIII, 4. 4