Heft 
(1892) 70
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Danton.

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und zur Einberufung eines Nationalconvents bestimmte, der aus allgemeinen Wahlen hervorgehen und eine neue Verfassung feststellen sollte sein Lohn das Justizministerium. Er trat das neue, ihmdurch die Bresche der Tuilerien" eröffnete Amt noch den nämlichen Tag an, indem er feierlich versprach, die im Schoße der Versammlung befindlichen Personen, d. h. die geflüchtete königliche Familie, zu beschützen.Wo die Justiz anfängt, hört die Volksrache auf," be­schloß er seine Rede.

Dantorüs Kollegen waren die Männer des zwei Monate zuvor entlassenen Girondisten-Ministeriums: Roland, der die inneren Angelegenheiten übernahm, Klaviere für die Finanzen, Servan, der den Krieg, Lebrun, der das Auswärtige, und der unfähige Mathematiker Monge, der die Marine-Verwaltung leitete. Daß der neue Justizminister nicht gewillt sei, sich der Politik seiner wohlmeinenden, aber unfähigen Kollegen anzuschließen, bewiesen bereits seine ersten Handlungen, insbesondere die Wahl der Männer, die er in seinen Rath berief und die zu den entschiedensten Gegnern der girondistischen Richtung gehörten: Robespierre, den ehemaligen Schauspieler Collot d'Herbois und Barere, dessen wahre Gesinnung freilich erst später zu Tage trat und dem mindestens der Ruf außerordentlicher geschäftlicher Brauchbarkeit vorherging. Im Uebrigen suchte Danton mit seinen Kollegen auf möglichst guten Fuß zu kommen und vor Allem das Vertrauen Roland's zu gewinnen, der für den fähigsten und bedeutendsten derselben galt. Noch größer war freilich die Bedeutung, die man der Frau des dreiundfünfzig- jährigen Ministers zuschrieb, der schon damals zu einer politischen Berühmtheit gelangten Marion Jeanne, Tochter des Kupferstechers Philipon (geb. 1754). Gelang es. diese zu gewinnen, so konnte ein Einverständniß mit dem Minister nicht fehlen, der zu den Führern der aufstrebenden Girondistenpartei zählte. Mit dem Jnstinct der Frau errieth Madame Roland indessen in dem neuen Kollegen ihres Mannes den geborenen Antagonisten. Trotz der Liebenswürdig­keiten, in welchen Danton sich anfänglich gegen sie erschöpfte, vermochte sie zu dem unheimlichen Plebejer kein Herz zu fassen, ihre Antipathie gegen denselben nicht zu überwinden.

Danton," so heißt es im ersten Bande ihrer Denkwürdigkeiten,ließ keinen Tag vergehen, an welchem er mich nicht ausgesucht Hütte. Fand eine Sitzung statt, so erschien er einige Zeit vor der festgesetzten Stunde, um in mein Zimmer zu kommen, oder er betrat dasselbe nach Schluß der Berathung, gewöhnlich in der Begleitung Fabre d'Eglantine's. Häufig bat er um die Er- laubniß, mit uns eine Suppe essen zu dürfen, und zwar an Nichtempfangstagen und um mit Roland Geschäfte besprechen zu können. Mehr Eifer und Liebe für die Freiheit, größere Bereit­schaft, sich im Interesse derselben mit den Collegen zu verständigen, als er zeigte, konnte man nicht beweisen. Ich sah mir diese abstoßende und furchtbare Figur genau an, und obgleich ich mir immer wieder sagte, daß man Niemanden allein nach seinen Worten beurtheilen dürfe, daß ich keinen bewiesenen Vorwurf gegen ihn zu erheben Hütte, daß in Zeiten der Parteizerrissenheit über die besten Leute verschiedene Urtheile umliefen, und daß man gegen bloße Eindrücke mißtrauisch sein müßte, konnte ich diesem Gesicht nichts Gutes Zutrauen. Nie habe ich das Ungestüm brutaler Leidenschaften so deutlich ausgeprägt gesehen wie bei ihm, der die erschrecklichste Kühnheit durch den Schein von Jovialität, Offenheit und Bonhommie zu verschleiern strebte .... Er und Fabre d'Eglantine suchten mich immer wieder durch patriotische Redensarten ins Gespräch zu ziehen, und ich hatte nichts vor ihnen zu verschweigen und zu verbergen .... Gegen das Ende des Augustmonats (1792) hörten sie indessen auf, mich zu besuchen wahrscheinlich wollten sie