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Deutsche Rundschau.
sich meinem aufmerksamen Blick entziehen, als sie ihre Septemberpläne zu schmieden begannen und als sie darüber ins Klare gekommen waren, was es mit der Person Roland's auf sich habe."
Die gefährdete Lage des Landes brachte mit sich, daß Danton, als der entschlossenste Mann der Regierung, die Zügel derselben in die Hand nahm. Die Unterwerfung des Heeres unter die neugeschaffenen Gewalten, die Ersetzung der widerstrebenden Generale (zu denen auch Lasayette gehörte) durch gefügige oder revolutionäre Officiere, die Entsendung von Commissarien, welche das Land mit der Tragweite des Ereignisses vom 10. August bekannt machen sollten, die Beschlagnahme der Güter der Emigranten und die Ausweisung der eidverweigernden Geistlichen waren vornehmlich sein Werk. Ihm kam Alles darauf an, der vor der Ostgrenze heranrückenden, für überlegen geltenden preußisch-österreichischen Armee eine compacte Gewalt entgegenzusetzen, die Anhänger der alten Ordnung einzuschüchtern, die populären Massen zu begeistertem Widerstand zu ermuthigen. Diesem Zweck sollten alle sonstigen Rücksichten untergeordnet, wenn nöthig geopfert werden; über das Maß des Nothwendigen wollte er indessen nicht hinausgehen, Gewaltsamkeiten so weit möglich vermeiden. Ausdrücklich hob er in dem ersten, nach seiner Einsetzung erlassenen Circular hervor, seine Absicht sei „aus Aufrechterhaltung der Gesetze, öffentliche Ruhe, Einheit der dreiundachtzig Departements des Staats, das Wohlbefinden des Volks, auf Gleichheit der Rechte und des Glücks, nicht aber auf die unmögliche Gleichheit der Güter gerichtet," und mit dem nämlichen Nachdruck betonte er, „daß die Rechtspflege durch das Volk aufhören müsse, nachdem die Rechtspflege durch die Gerichte ihren Anfang genommen habe."
Ob Danton sich über die Ausführbarkeit dieser löblichen Absichten Illusionen gemacht hat, wissen wir nicht. Genug, daß die Ereignisse einen denselben entgegengesetzten Gang nahmen, und daß Danton demselben nicht nur nicht entgegentrat, sondern Folge leistete. Die heterogene Zusammensetzung der schwachen Regierung, welcher er angehörte, die Noth und Erregung der Zeit und die blutig wilde Entschlossenheit des Pariser Gemeinderaths, in welchem fortan Marat das entscheidende Wort sprach, hatten die hauptstädtische Behörde zur Herrin der Lage gemacht. Um mit dieser Schritt halten zu können, mußte man ihren verbrecherischen Jnstincten Rechnung tragen, und das zu thun nahm der Mann, der der oberste Rechtswart des Landes sein sollte, keinen Anstand. Er ließ nicht nur geschehen, daß jeder der einundzwanzig letzten Tage des August 1792 mit neuen Greueln bezeichnet wurde und daß die Abmahnungen des Ministeriums mit Spott und Hohn beantwortet wurden: er gab sich dazu her, am 17. August einen neuen außerordentlichen Gerichtshof niederzusetzen, der die Verurtheilung der „Conspiranten" zu seiner besonderen Aufgabe haben und inappellabel entscheiden sollte. Und das sollte nicht Alles sein. An die Gerichte wurde ein Circular des Justizministers gerichtet, dessen revolutionäre Heftigkeit allenthalben Entsetzen erregte, und ziemlich gleichzeitig (am 28. August) den Pariser Gemeindebehörden zu „Haussuchungen nach Waffen" ein Auftrag ertheilt, der sich als Vorläufer einer Gewaltherrschaft von noch nicht dagewesener Härte ankündigte.
Danton hat diese Maßregeln in der Folge zu rechtfertigen versucht und sich dabei vornehmlich auf zwei Umstände berufen. Angesichts der furchtbaren Er-