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Deutsche Rundschau.
deuten. Das sogenannte Geheimniß dieses schauerlichen Vorgangs ist in die sechs Worte „II laut laire xeur aux roMistes" zusammengefaßt und zu Gunsten Danton's höchstens der eine Umstand übrig gelassen, daß er unter den Mördern und Mordgenossen der Einzige war, der den Muth des Verbrechens besaß und den „Schrecken ohne Ende" aus die Gefahr eines Endes mit Schrecken, zu Tode zu schrecken, unternahm. Denn daran, daß der Justizminister vom 10. August, indem er eine Mitverantwortung für die Gefängnißmorde vom 2. September übernahm, zum Mitschuldigen derselben geworden ist, sind für keinen denkenden und urtheilssähigen Mann Zweifel möglich geblieben.
Für die weitergehende Annahme, daß die Gefängnißmorde auf Anstiften Danton's und anderer Gewalthaber der damaligen Regierung Planmäßig inscenirt worden, fehlen die Beweise. Allem Anschein nach ist dieses Verbrechen ein Ausfluß der Pariser Pöbelwuth gewesen, welche durch die Nachricht von der Einschließung Longwh's und durch das (auch von Robespierre geglaubte und weiter verbreitete) Gerücht von der Entdeckung einer Verschwörung zu Gunsten der Jnthronisirung des Herzogs von Braunschweig, zur Tollheit geworden war. Daß der Pöbel diese Nachricht mit Massenermordung der politischen Gefangenen zu beantworten gedenke, war bereits am Abend des 1. September öffentliches Geheimniß, ohne daß von irgend einer Seite die Hand zur Vorbeugung des Verbrechens erhoben worden wäre. Die nächste Verantwortung trifft den Ueberwachuugsausschuß des Gemeinderaths, an dessen Spitze Panis stand und der sich durch die Erwählung außerordentlicher Mitglieder — darunter Marat's — ergänzt hatte. Panis, ein blindes Werkzeug Robespierre's, stützte sich aus ein Wort, das sein Meister auf die Kunde der „braunschweig'schen" Verschwörung hatte fallen lassen: „in dieser äußersten Gefahr müsse man dem Volke die Macht zurückstellen" (remsttrs au xsuxls 16 xouvoir), und bewilligte in diesem Sinne von vornherein die von mehreren Sectionen beantragte Ueberführung von vierundzwanzig Gefangenen der Mairie in das Abteigefängniß. Die Niedermetzelung der Gefangenen dieses Transports gab sodann das Signal zu den Massenmorden, welche während der Leiden folgenden Tage die Reihe durch die Pariser Gefängnisse machten. Der einmal in Zug gekommenen Mordwuth Zügel anzulegen, zeigten die Gemeindebehörden nicht den Willen, die Staatsorgane nicht die Fähigkeit. Danton hat während der Mordtage (2., 3. und 4. September) trotz wiederholt an ihn ergangener Einladungen das Stadthaus nicht betreten. Auch die Behauptung, daß er in den Räumen des Ministeriums eine geheime Berathung mit Marat und anderen Terroristen abgehalten habe, entbehrt der Bescheinigung. Dafür kann als feststehend angesehen werden, daß er von der den Gefangenen drohenden Gefahr bereits vor Beginn des Mordens unterrichtet war, und daß er keinen Versuch angestellt hat, dieser Gefahr zuvorzukommen.
Aber noch mehr. Zur Uebersüllung der Gefängnisse hatten die von Danton beantragten Haussuchungen (in der Nacht vom 29. zum 30. August) ebenso die Veranlassung gegeben, wie zu der gegen die Gefangenen gerichteten Volks- wuth. Aus die Lumultuarischen, durch Söldlinge der revolutionären Sectionen in Ausführung gebrachten visitss äomiei1mii68 und aus die bei dieser Gelegenheit vorgenommenen, nach Tausenden zählenden Verhaftungen war es zurück-