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Deutsche Rundschau.
Wurde. Was immer Danton's Vertheidiger gegen die Glaubwürdigkeit der diesen Punkt betreffenden Zeugnisse Brissot's und Mandar's beigebracht haben, die unparteiische Geschichtsschreibung wird bestätigen, was Garat in seinen Denkwürdigkeiten angedeutet, Michelet weiter ausgeführt hat: daß Danton die Septembermorde hatte geschehen lassen, weil er eine Einschüchterung der Royalisten für unentbehrlich hielt, und Weil ihm Muth und Entschlossenheit zu offenem Bruch mit Marat und der extremen Communepartei fehlten. Er glaubte unter allen Umständen an der Spitze der Revolution bleiben zu müssen: lieber, daß er einen Theil der Mitschuld an den Verbrechen derselben auf sich nahm, als daß er für einen Schwächling galt, der erst den Dingen ihren Lauf gelassen und sie hinterher verleugnen gewollt. Daß er Marat's Bericht über die Septembergreuel unter amtlichem Siegel mitverbreitet habe, ist nicht stricte bewiesen, stimmt aber zu der Stellung, welche Danton in seiner sechs Monate später (10. März 1793) gehaltenen Rede „zu diesen von allen guten Bürgern beklagten Vorgängen" einnahm, „welche keine Macht der Erde aufhalten konnte, weil sie ein Ueberschäumen der Nationalrache waren." Es darf gleich hier bemerkt werden, daß Danton's Verhalten während der Septembertage ihm in doppelter Rücksicht zum Verderben geworden ist. Von den Girondisten war er fortan durch eine Kluft geschieden, deren Ausfüllung er sich vergeblich angelegen sein ließ; die Blutmänner der Commune aber konnten ihm (wie Courtois in seinen handschriftlich hinterlassenen Notizen treffend bemerkt) nicht verzeihen, daß er sich mit ihnen nicht vollständig hatte identifiziren wollen, daß er hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben war. Dazu stimmt, was Robinet auf Grund von Familienüberlieserung berichtet: daß Danton seit dem September 1792 mit Marat, Billaud-Varennes, Häbert und den übrigen Hauptschuldigen des Verbrechens innerlich gebrochen und nähere Berührungen mit denselben vermieden haben soll. Die feige Willfährigkeit, die er zumal durch die amtliche Weiterverbreitung des Mordberichtes vom 4. September Marat gegenüber geübt, hatte in seinem Herzen einen Stachel zurückgelassen, der sich nicht wieder Herausreißen ließ. Daß er es mit Billaud und Hebert für immer verdorben, und daß diese durch die Tage seiner Schmach Emporgekommenen seine Abneigung mit tödtlicher Feindschaft vergalten, sollte sich in der Folge nur allzu deutlich zeigen.
IV.
Noch hatte die Erregung über die Greuel der ersten Septembertage sich nicht gelegt, als bereits der Nationalconvent an die Stelle der gesetzgebenden Versammlung trat. Danton, der weder dem ersten noch dem zweiten Parlamente des Revolutionszeitalters angehört hatte, war von der Stadt Paris in diese Versammlung gewählt worden, deren 749 Mitglieder die verschiedenen Spielarten des plötzlich über Frankreich gekommenen Republikanismus vertraten, ihrer Mehrheit nach indessen der gemäßigten (girondistischen) Partei zuneigten. Obgleich die Geltung des Gesetzes über die Unvereinbarkeit des Ministeramts mit der Volksvertretereigenschaft zweifelhaft war, legte Danton bereits am 21. September die am 10. August übernommene Würde des Justizministers nieder. Nach Meinung Garat's soll dafür die Erwägung maßgebend gewesen