Danton.
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sein, daß ein amtloser Volksvertreter gesicherter und einflußreicher dastehe, als ein viel beneideter und verantwortlicher Minister. Für Danton dürften andere Umstände von noch größerem Gewicht gewesen sein. Durch freiwilligen Rücktritt wollte er das Mißtrauen derjenigen entwaffnen, die ihm ehrgeizige Pläne zur Last legten, und zugleich die Freiheit erwerben, seinen politischen Curs ändern zu können. Zu einer solchen Cursveränderung drängte ihn der geheime Wunsch nach Annäherung an die Girondisten — und der Einfluß seiner Frau. Frau Danton hatte das Ministerhotel mit schwerem Herzen bezogen. Die Bürgerstochter alten Stils, der die Absetzung des Königs ein Frevel, das Schicksal der Königin und ihrer Kinder eine schwere Sorge bedeutete, war unter dem Eindruck der Septemberereignisse in einen Zustand körperlicher und seelischer Depression verfallen, die den trotz seiner zügellosen Sitten zärtlichen Gatten mit Besorgniß erfüllte. In die veränderten Verhältnisse hatte die kränkelnde Frau sich nicht zu finden vermocht, von der Kollegin, Frau Roland, fühlte sie sich abgestoßen, den Freunden ihrer bescheidenen Vergangenheit fürchtete sie entrückt und entfremdet zu werden. So dringend sprach sie die Sehnsucht nach Rückkehr in das einfache Haus der Passage de Commerce aus, so unaufhörlich kam sie darauf zurück, daß ein Mann, der es zum Minister gebracht, für die Rettung des Königspaares und der unschuldigen Kinder desselben eintreten müsse, daß Danton mürbe geworden war. Sein Antheil an dem Geschick des entthronten Herrschers mag ein mäßiger gewesen sein, desto eifriger war sein Verlangen, mit der Partei der Gemäßigten Fühlung zu gewinnen und die Periode der Gewaltsamkeiten, durch welche er emporgekommen, abzuschließen. Diesem Verlangen gab er bereits in seiner ersten Parlamentsrede deutlichen Ausdruck. Unter Berufung darauf, daß es ihm gelungen, dem Kriege einen kräftigen Impuls zu geben, und zur Bewältigung der im Inneren gährenden Unzufriedenheit beizutragen (an der Niederhaltung eines royalistischen Ausbruchs im Süden hatte Danton in der That wesentlichen Antheil gehabt), erklärte er, sich mit der Rolle eines einfachen Volksmandatars begnügen zu wollen. „Keine andere Verfassung," fuhr er fort, „wird möglich sein, als diejenige, welche von der Mehrzahl sämmtlicher Urversammlungen des Volkes angenommen werden wird .... Bisher ist das Volk aufgestachelt (atzito) worden, weil es gegen die Tyrannen in Bewegung gesetzt werden mußte.Wir müssen jede Uebereilung abschwören und feier
lich erklären, daß das Eigenthum, das bewegliche wie das unbewegliche, für alle Zeiten (otoruoUsmsnt) aufrecht erhalten werden wird." Um sich gegen jeden Verdacht ehrgeiziger Absichten sicher zu stellen, beantragte er einige Tage später die Todesstrafe gegen jeden Versuch auf Errichtung einer Dictatur; um seine Bereitschaft zu entschiedenem Bruch mit der Pöbelpartei außer Zweifel zu lassen, erklärte er, daß er das „Individuum" Marat nicht liebe, daß dieser vulkanische, zu Uebertreibungen geneigte Mensch bissig und „Eveiadlo" st.
Diese Erklärungen waren zunächst und vor Allem an die Girondisten gerichtet. Nachdem sein von Durand de Maillane ausdrücklich als „ehrlich" bezeichnter Plan, eine Verständigung zwischen Robespierre und den Girondisten herbeizuführen, gescheitert war, trat er mit der Absicht hervor, sich den Letzteren anzuschließen. Stillschweigende Bedingung war dabei, daß man