Heft 
(1892) 70
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Deutsche Rundschau.

den Pariser Gernemderath schonte und die Septernbergrenel auf sich beruhen lasse. Zu einem Verzicht ans Bestrafung dieses Verbrechens konnten die Girondisten sich indessen nicht verstehen. Die in der Stille geführten Verhandlungen dauerten mehrere Wochen fort, obgleich die Girondisten die Pariser Gemeindeverwaltung immer wieder angrisfen und Danton, der dieselbe nicht preisgeben konnte, zur Gegen­wehr nöthigten. Inzwischen hatte der häufig zu den Berathungen der Regierung zugezogene Ex-Justizminister Gelegenheit gehabt, seine politische Brauchbarkeit und den Werth seiner, den Girondisten angebotenen Dienste in unerwarteter Weise darzuthun. Während die kurzsichtigen Thoren des Convents und der Pariser Presse die Kanonade von Valmy und die auf diese folgende llnthätig- keit der preußischen Armee als glänzende Siege feierten und von vollständiger Vernichtung des Feindes träumten, hatte Danton in richtiger Beurtheilung der Sachlage den ihm befreundeten Dumouriez zu Anknüpfungen mit dem Herzog von Braunschweig angewiesen und seinen Vertrauten Westermann auf den Kriegs­schauplatz abgesendet, um mit Lombard und dem in preußische Dienste getretenen Emigranten General Heymann über die Grundlagen eines Waffenstillstandes zu verhandeln. Wohlbekannt mit den zwischen Friedrich Wilhelm II. und dem Ober­befehlshaber bestehenden Meinungsverschiedenheiten und mit der preußischen Unlust zur Fortsetzung des Krieges, ließ er durch Westermann zur Erwägung stellen, daß die Sache der französischen Monarchie hoffnungslos verloren sei und daß eine Rettung der Person des Monarchen sich nur absehen lasse, wenn die Volks- wuth nicht weiter geschürt, sondern durch Räumung des französischen Bodens auf Beruhigung der öffentlichen Meinung hingewirkt werde. Dabei wurden Schilderungen der erträglichen Lage des Königs nicht gespart, Abschriften der in der That reichlichen Bewilligungen für Erhaltung der fürstlichen Ge­fangenen des Temple vorgelegt und außerdem die Abneigungen des preußischen Hauptquartiers gegen die österreichischen Verbündeten nach Möglichkeit ge­nährt. An die Möglichkeit einer friedlichen Verständigung wird Danton schwer­lich geglaubt haben. Es kam ihm darauf an, für die Sammlung der fran­zösischen Streitkräfte Zeit zu gewinnen und inzwischen den Spätherbst einbrechen zu lassen, der der im preußischen Lager herrschenden Ruhr weitere Verbreitung geben mußte. Dieser Zweck wurde erreicht. Während Dumouriez offiziell an­gewiesen wurde, alle Verhandlungen mit der Erklärung abzubrechen, daß die Republik mit Feinden, die den französischen Boden besetzt hielten, nicht unter­handele, ertheilte ein Privatbrief Danton's dem General den Rath, die Dinge in die Länge zu ziehen und das Erscheinen der zu ihm entsendeten Convents- commissäre abzuwarten. Als wenig später (am 29. September) die Ungunst des Wetters und der üble Gesundheitszustand der Armee zum Rückzuge des preußischen Heeres nöthigten, war es wiederum Danton, der im Gegensatz zu den Dumouriez amtlich ertheilten Weisungen dem General zur Pflicht machte, den Feind mög­lichst unbelästigt abziehen zu lassen und Feindseligkeiten, welche die Räumung des Landes aufhalten könnten, zu vermeiden. Ob es richtig ist, daß man so weit gegangen, den preußischen Generalen Andeutungen über Custine's Absichten auf Mainz zu machen und dadurch die Rückzugsbewegung der Armee zu beschleu­nigen, mag dahingestellt bleiben; genug, daß Danton in dieser Angelegenheit