Heft 
(1892) 70
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Danton.

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diplomatisches Geschick und Mäßigung bewies, die man bei dem ungestümen Gewaltmenschen nicht gesucht hatte.

Unmittelbar nachdem die Champagne geräumt worden, eilte Dumouriez nach Paris, um die Einzelheiten des bevorstehenden Angriffes auf Belgien zu be­sprechen und ein Bild von der politischen Lage und der Stärke der Parteien zu gewinnen. Danton suchte die Anwesenheit dieses Mittelsmannes zu abermaligen Anknüpfungen mit den Girondisten zu benutzen, indem er beständig an der Seite des Generals zu sehen war und ihn bei den Besuchen begleitete, die derselbe Freun­den und ehemaligen Collegen (Dumouriez war Präsident des ersten girondistischen Ministeriums und als solcher College Roland's gewesen) abstattete. Vergebliche Liebesmüh'! Mit dem Manne, der der Mitschuld an den Septembergreueln ver­dächtig war und Frau Roland's politischen Einfluß zum Gegenstände bissiger Be­merkungen in einer Parlamentsrede gemacht hatte, wollten die Gemäßigten keine Gemeinschaft pflegen. An der Thür der Theaterloge, in welcher sie mit der Familie Danton Zusammentreffen sollte, war Frau Roland umgekehrt, und wenn einzelne ihrer Freunde eine versöhnlichere Haltung einzunehmen schienen, so ge­schah das lediglich aus Rücksicht auf Dumouriez. Danton ließ sich aber auch jetzt noch nicht beirren. Bei zwei bemerkenswerthen Gelegenheiten (am 16. und am 18- October) unterstützte er die girondistischen Redner, und als nichts­destoweniger Roland auf der Weigerung beharrte, an Berathungen Theil zu nehmen, zu denen Danton eingeladen worden, that dieser einen directen Schritt, indem er eine geheime Besprechung im Gehölz von Sceaux vorschlug. Daß man auch dieses Mal unverrichteter Sache auseinanderging, wird von Michelet auf den Einfluß Guadet's zurückgeführt. Danton soll am Schluß der Unterredung in die schmerzersüllten Worte ausgebrochen sein:Guadet, Du hast Unrecht, Du verstehst nicht zu verzeihen, Du verstehst nicht, Deine persönliche Abneigung dem Vaterlande zum Opfer zu bringen. Du bist hartnäckig, und darum wirst Du zu Grunde gehen." Obgleich Danton, wenn er gemüthlich afsicirt war, weich und hingebend sein konnte, erscheint wenig wahrscheinlich, daß er bis zu einem weinerlichen Appell an die Verzeihung seiner Gegner gegangen sei. Richtig ist dagegen, daß Guadet ihm stets abgeneigt blieb, während andere Häupter der Gironde, Wie Vergniaud und insbesondere Condorcet sich versöhnlicher zeigten. Der berühmte Mathematiker, der freilich weder Menschenkenner noch Politiker war, hat Danton noch in seinen letzten Aufzeichnungen nachgerühmt,daß er die kostbare, nur bei ungewöhnlichen Menschen zu findende Eigenschaft besessen, Einsicht, Talent und Tugend (se. bei Andern) niemals gehaßt oder gefürchtet zu haben."

Während der folgenden Monate (November und December 1792) trat Danton's Einfluß in ausfallender Weise zurück. An dem verhängnißvollen, zwischen Robespierre und den Girondisten geführten parlamentarischen Kampfe nahm er keinen sichtbaren Antheil, innerhalb des Versassungsausschusses (von dem Robespierre und Couthon ferngehalten worden waren) führten die Theoretiker Condorcet und Sieyss und deren girondistische Freunde das Wort; in den Proceß des Königs aber griff Danton erst ein, als diese Angelegenheit bereits so gut wie entschieden war. Wenn dieses Eingreifen in lärmender und vordringlicher Weise geschah, so mag der Grund hierfür vornehmlich der gewesen sein, daß man den ehemaligen Justizminister im Verdacht hatte, wenigstens zu Zeiten an die Ret-