Danton.
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die zumeist bedrohten girondistischen Abgeordneten rechtzeitig vor dem Verlassen ihrer Wohnungen gewarnt hatte, wurde die der Volksvertretung drohende Gefahr für dieses Mal abgewandt und eine gewisse Beruhigung der Gemüther herbeigeführt. Danton benutzte diese Frist zu abermaliger Anknüpfung mit der Partei, von deren Rettung seine eigene Zukunft abhing. Er schlug den Führern der Gironde vor, gemeinsam mit ihm in das Hauptquartier Dumouriez' zu reisen, denselben zur Zurücknahme seines drohenden Briefs an den Convent zu bestimmen und dadurch eine Grundlage zu gemeinsamem Handeln zu gewinnen. Einige Tage lang hatte es den Anschein, als werde man sich einigen können; im letzten Augenblick aber gab Guadet's Abneigung gegen den „Septembermann" abermals den Ausschlag, und Danton mußte am Abend des 16. März allein nach Belgien abreisen. Am Abend des 29. zurückgekehrt, berichtete er, daß Dumouriez zur Abgabe von Erklärungen an den Convent bereit sei. Inzwischen waren die Nachrichten von dem Verlust der Schlacht bei Neerwieder, und von den verdächtigen Verhandlungen eingelaufen, die der geschlagene General mit den Oesterreichern angeknüpft hatte. Alle Welt ahnte in Dumouriez den Verräther, und Danton wurde alsbald gewahr, daß man ihn im Verdacht der Mitschuld habe. Mit einer Kurzsichtigkeit, für die keine Bezeichnung zu hart ist, benutzten die Girondisten diesen Augenblick, um über den Mann herzufallen, der ihnen zum dritten Male die Hand zur Versöhnung geboten hatte. Auf den Verdacht hin, daß Danton bei der am Abend des 31. März stattgehabten Versiegelung der Papiere seines ehemaligen Collegen Roland die Hand im Spiele gehabt habe, klagte Lasource ihn verräterischen Einverständnisses mit Dumouriez, geheimer royalistischer Pläne und der Veruntreuung ihm nach Belgien mitgegebener Gelder an. Die Antwort war eine zornige Herausforderung Danton's an die Partei, „die den Tyrannen retten und die Einheit des Vaterlandes gefährden wolle" H. — Zwei Tage später traf die Nachricht von Dumouriez' Verrath und Flucht ein, und unter dem Eindruck dieser Schreckenskunde — man fürchtete, die Armee werde dem Beispiel ihres Generals folgen — verblaßte der Eindruck des letzten Zusammenstoßes so weit, daß man sich darüber einigte, einen aus neun Deputirten zusammengesetzten, allmonatlich erwählten „Wohlfahrtsausschuß" niederzufetzen, der insgeheim verhandeln, die Minister und den Gang der Regierungsmaschine überwachen und in Gang halten sollte. Girondisten und Robespierristen wurden diesem Ausschuß fern gehalten, dem Danton sechs Wochen lang angehörte und der von seinen Nachfolgern (dem zweiten und dem dritten Ausschuß dieses Namens) durchaus verschieden war, weil er der ausgedehnten Vollmachten derselben entbehrte. Einige Tage lang blieben die Dinge im Gleichgewicht, dann entbrannte der Parteikampf aufs Neue, und die Gironde unternahm einen abermaligen Angriff auf Danton, der von Guadet des Einverständnisses mit Dumouriez angeklagt wurde. Und als ob es mit dieser Unklugheit nicht genug gewesen wäre, gab die gemäßigte Partei das unter den obwaltenden Umständen hochgefährliche Beispiel directer Antastung der Unverletzbarkeit der Deputation, indem sie die Verhaftung und Anklage Marat's durchsetzte. Damit war das Zeichen zu gewaltsamem Vorgehen des Pariser Jacobinerthums gegen die Gironde
i) Anspielung auf die den Girondisten vorgeworfenen, aber niemals in das Programm derselben aufgenommenen föderalistischen Pläne.